„16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen“ ist eine internationale Kampagne, die sich der Anerkennung von Frauenrechten als Menschenrechte verschreibt. Jährlich machen weltweit von 25. November, das ist der „Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen“, bis 10. Dezember, das ist der „Internationale Tag der Menschenrechte“, Fraueneinrichtungen in Form von verschiedensten Aktivitäten auf die Bedrohung von Frauen durch männliche Gewalt aufmerksam. „Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie steigt neben existenziellen und wirtschaftlichen Ängsten auch die Gefahr der häuslichen Gewalt stark an. Situationen von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit sind in dieser Krisensituation äußerst belastend, führen oft zu Überforderung bzw. Stress und schlussendlich zu Eskalationen. Deshalb steht in diesem Jahr diese Initiative noch stärker im Mittelpunkt und deshalb ist es gerade jetzt wichtiger denn je, verstärkt auf das Thema Gewaltschutz aufmerksam zu machen. Wir werden aber auch in Zukunft gemeinsame mit allen Einrichtungen, die dazu ihren Beitrag leisten bzw. sich gegen Gewalt stark machen, im Bereich unserer Möglichkeiten die entsprechenden Rahmenbedingungen setzen, um den Gewaltschutz im Burgenland auszubauen und zu verbessern, denn Gewalt darf kein Tabuthema sein“, betonte LH-Stellvertreterin Mag.a Astrid Eisenkopf. Um ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen zu setzen wurde gemeinsam mit VertreterInnen der Polizei, des Frauenhauses, der Opferschutzgruppe des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder und des Referates Frauen, Antidiskriminierung und Gleichbehandlung beim Amt der Burgenländischen Landesregierung vor dem Landhaus in Eisenstadt die Fahne gegen Gewalt gehisst.
Situation in den Frauen- und Familienberatungsstellen
Die aktuelle Situation in den Frauenberatungsstellen ist angespannt. Seit Beginn des Lockdown ist die Nervosität bei den KlientInnen besonders groß. Im Frühjahr, zu Beginn des 1. Lockdown, gab es zwar am Anfang eine gewisse „Schockstarre“, allerdings haben sich dann die Anfragen gehäuft. Jetzt sind Ängste und Unsicherheiten enorm, eben, weil diese Ängste und Probleme aus dem Frühjahr noch nachhängen. Begonnen vom Thema Kinderbetreuung, Angst vor Jobverlust, finanziellen Problemen, Angst vor Gewalt, Überforderung, Angst vor der Zukunft usw. ist es eine riesige Spirale, die hier greift. „Ich glaube, genau darum geht es jetzt auch in dieser Phase des 2. Lockdown. Wir müssen den Familien, den von Gewalt betroffenen Frauen, diese Angst und Unsicherheit nehmen. Wir werden und müssen Frauen und Mädchen über ihre Rechte und Möglichkeiten informieren und ihnen Wege aus Gewaltsituationen aufzeigen. Jede Frau soll selbstbestimmt, unabhängig und frei von Gewalt leben können. Als Land haben wir es uns deshalb zum Ziel gesetzt, gerade beim Gewaltschutz nicht den Sparstift anzusetzen, sondern - ganz im Gegenteil - gerade in dieser Krisenzeit den Betroffenen entsprechend unter die Arme zu greifen“, so Eisenkopf.
Stabilität, Sicherheit und Vertrauen vermitteln
Das Burgenland hat in jedem Bezirk eine Frauenberatungsstelle. Für Frauen, die Hilfe benötigen, ist es aufgrund der geografischen Gegebenheiten enorm wichtig, dass diese Hilfe vor der Haustüre liegt und dass diese Hilfe unbürokratisch, vertraulich und einfach erfolgt. Die Beratungsstellen sind auch in diesen Zeiten besetzt und immer erreichbar. Zu Beginn der Corona-Pandemie haben die Frauenberatungsstellen oft in 2er Teams gearbeitet. Die Beratungen waren meist telefonisch. Ab dem 4. Mai dieses Jahres, ab dem Ende des 1. Lockdown, waren es aber wieder vermehrt persönliche Beratungen. Seitens des Landes gab es deshalb auch eine finanzielle Unterstützung für die entsprechenden COVID-Schutzvorrichtungen. LH-Stellvertreterin Mag.a Astrid Eisenkopf: „Das Land hat dabei die Finanzierung von Trennwänden für jede Frauenberatungsstelle übernommen. Uns war es wichtig, dass ehestmöglich wieder persönliche Beratungen stattfinden können, weil man hier natürlich viel besser auf die Betroffenen eingehen und ihnen in weiterer Folge auch helfen kann. Grundsätzlich kann man sagen, dass die Anzahl der Beratungsgespräche in den Frauenberatungsstellen gestiegen ist - beispielsweise in der Frauen- und Familienberatungsstelle ‚Der Lichtblick‘ in Neusiedl am See um rund 25% zum Vergleichszeitraum des Vorjahres.“
Frauenhaus wird Landeseinrichtung
Um Frauen einen gesicherten Ausweg aus der Gewalt zu ermöglichen, wird das derzeit als privater Verein betriebene Frauenhaus nächstes Jahr in das Land integriert werden. „An einem Eingliederungskonzept wird gerade gearbeitet. Wir sind hier im Zeitplan und werden dazu in den nächsten Wochen das Ergebnis präsentieren. Der Vorteil der Eingliederung ist eine langfristige und nachhaltige Sicherstellung der Finanzierung. Die Übernahme des Frauenhauses in eine bestehende Landesstruktur ist ein klares Bekenntnis, das uns der Gewaltschutz ein wichtiges Anliegen ist! Es ist aber auch ein wichtiges Signal an von Gewalt betroffene Frauen sowie an die Mitarbeiterinnen, die hier tagtäglich eine unglaublich aufopfernde Arbeit leisten“, so Eisenkopf.
Burgenland arbeitet an Gewaltpräventionsstrategie
Gewalt betrifft die Menschen auf vielen Ebenen und sollte daher auch interdisziplinär bearbeitet werden. LH-Stv. Eisenkopf dazu: „Wir sind gerade an der Ausarbeitung einer landesweiten Gewaltpräventionsstrategie. Dazu sollen die verschiedenen mit dem Thema betrauten Abteilungen zusammenfinden und eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden. Die Koordination übernimmt das Referat für Frauen, Antidiskriminierung und Gleichbehandlung beim Amt der Burgenländischen Landesregierung. Ziel der Strategie ist ein möglichst umfassender Gewaltschutz durch eine koordinierte, strategische Zusammenarbeit der Beteiligten im Land selbst sowie in weiterer Folge aller beteiligten Akteure, wie Polizei, Krankenanstalten oder Justiz. Unser gemeinsames Anliegen ist es, den Gewaltschutz im Burgenland weiter auszubauen und zu verbessern, denn jeder Mensch soll selbstbestimmt, unabhängig und frei von Gewalt leben können.“
Im Rahmen der internationalen Kampagne „16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen“ ist im Landhaus in Eisenstadt auch die Ausstellung „Silent Witnesses“ zu sehen. Diese Wanderausstellung, eine Initiative des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser, gedenkt Frauen, die von ihren Partnern ermordet wurden. Die roten Figuren sollen als „stumme Zeuginnen“ aufrütteln, aufmerksam machen und für dieses gesellschaftliche Tabuthema sensibilisieren. Jährlich werden in Österreich 30 bis 40 Frauen von ihren Partnern ermordet. Mehr als die Hälfte aller Morde, die pro Jahr in Österreich verübt werden, passieren in der Beziehung oder in der Familie. Diesem tragischen Höhepunkt gehen lange Geschichten voller Schmerz und Gewalt voraus. Geschichten, die man nicht vergessen, sondern an die man sich erinnern soll.
Zum Herunterladen der Pressefotos klicken Sie auf folgende Links: 16 Tage gegen Gewalt 1, 2
Bildtext (v.l.n.r.): Um ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen zu setzen wurde von Mag.a Isabell Bernhardt, Frauenhaus Burgenland, Prim. Dr.in Ingrid Maria Steindl, Opferschutzgruppe KH Barmherzige Brüder, LH-Stellvertreterin Mag.a Astrid Eisenkopf und Landespolizeidirektor Mag. Martin Huber vor dem Landhaus in Eisenstadt die Fahne gegen Gewalt gehisst
Bildquelle: Landesmedienservice Burgenland
Fercsak Hermann, 25. November 2020
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