Trockene, heiße Sommer in Folge des Klimawandels und die fortschreitende Verschilfung des Neusiedler Sees – 50 Prozent der Schilfbestände des Sees sind überaltert – stellen nicht nur die Feuerwehren vor große Herausforderungen. Um den Schilfgürtel nachhaltig zu erhalten und zu verbessern, müssen Maßnahmen zum Erhalt und der Pflege des Schilfgürtels laufend evaluiert und neu beurteilt werden. Um Maßnahmen zur Brandbekämpfung zu erproben und zu bewerten, findet am Samstag, dem 13. Jänner 2024, eine Brandschutzübung im Schilfgürtel bei Jois statt. In der Zeit von 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr sind sämtliche Zufahrtsstraßen zum Übungsgebiet im Bereich des Hafens Jois für Fußgänger, Radfahrer und Kraftfahrzeuge gesperrt. Ausgenommen sind Anrainer und Übungsteilnehmer.
Ein begleitendes wissenschaftliches Monitoring soll Erkenntnisse für ein zukünftiges Schilfmanagement bringen. Untersucht wird, wie sich kontrolliertes Abbrennen des Schilfs auf Klima und Umwelt auswirken. Das Abbrennen von Schilf ist seit Mitte der 1990er Jahre per Bundesgesetz (Bundesluftreinhaltegesetz) verboten.
Die Brandschutzübung mit dem Monitoring wird in Abstimmung von Land Burgenland mit dem Bundesministerium für Klimaschutz und Umwelt durchgeführt. Projektkoordinator für das umweltökologische Monitoring ist die Biologische Station Illmitz. Relevante Aspekte bei den Untersuchungen sind unter anderem die Biodiversität, die Luftgüte und die Treibhausgasbilanz. Ziel des Burgenlandes ist es, sofern es die Ergebnisse des Monitorings zulassen, eine Änderung des Bundesluftreinhaltegesetzes zu erwirken, damit ein kontrolliertes Abbrennen des Schilfs wieder erlaubt wird, was für das Natura-2000 Gebiet Neusiedler See von immenser Bedeutung wäre.
Über die Brandschutzübung und das Monitoring informierten Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf und Landesrat Heinrich Dorner im Rahmen einer Pressekonferenz in Jois.
50 Prozent der Schilfbestände sind überaltert, große Schilfflächen sterben ab
Die Bewirtschaftung des Schilfs und die Verjüngung sind essentiell für den Erhalt des einzigartigen Tier- und Naturjuwels Neusiedler See. Zu dieser Erkenntnis kam ein 2018 initiiertes EU-Projekt des Landes in Zusammenarbeit mit BirdLife, dem World Wide Fund (WWF), den Esterhazy-Betrieben und lokalen Schilfschneidebetrieben. Die Ergebnisse des Projekts waren alarmierend: 50 Prozent der Schilfflächen am Neusiedler See sind überaltert. Diese Flächen werden so gut wie gar nicht genutzt und sind für viele Tierarten kein Lebensraum. Einige Tierarten nutzen junges Schilf, andere bevorzugen rund fünf bis zehn Jahre alte Bestände und einige Arten brauchen besonders altes Schilf. Das heißt, unterschiedlich alte Schilfbestände wären die beste Voraussetzung für Biodiversität.
Klimawandel erschwert die Bewirtschaftung
Der Klimawandel macht die Situation nicht leichter. Milde Winter lassen die Eisdecke am See rasch schmelzen oder erst gar nicht entstehen. Das macht die bisherige, traditionellen Schilf-Erntemethoden – die schweren Maschinen, wurden dabei von der Eisdecke getragen – unmöglich. Gibt es kein Eis, liegen Schneidemaschinen direkt am schlammigen Boden auf und verursachen Schäden an den Wurzeln des Schilfs. Die Konsequenz: Auf manchen früher bewirtschafteten Flächen wird nicht mehr geschnitten. Die Verjüngung bleibt aus und große Schilfbestände sterben auf lange Sicht ab.
WWF und BirdLife empfehlen kontrolliertes Abbrennen des Schilfs
Eines der wichtigsten Ergebnisse des EU-Projekts von 2018 ist, dass unterschiedlich alte Schilfbestände für die Vogel- und Amphibienwelt am besten sind. Sowohl BirdLife als auch der WWF haben zum Abschluss des bereits erwähnten EU-Projektes empfohlen, das Abbrennen von Schilf am Neusiedler See zu erlauben.
Monitoring soll Erkenntnisse für zukünftiges Brandmanagement liefern
Für das begleitende umweltökologische Monitoring zur Brandschutzübung unter der Koordination der Biologischen Station Illmitz wurden mit der BOKU Wien (untersucht die Kohlenstoffbilanz und damit den Einfluss auf das Klima), der UNI Wien (Auswirkungen auf die Schlammbildung), TU Wien (Entwicklung eines Biomassemodells), Geosphere Austria (unterstützt bei der Ausbreitungsberechnung und Emissionsmodellierung der Luftschadstoffe), DWS Hydro-Ökologie (untersucht die Auswirkungen auf die Wasserökologie), Herpetologische Gesellschaft (untersucht die Auswirkungen auf die Amphibien), WWF Österreich (Studie zu Brandschutzmaßnahmen auf Naturschutzflächen im internationalen Vergleich) und BirdLife (Vogel-Monitoring) namhafte Partner mit ins Boot geholt.
Statements
Gewessler: Klimakrise bedroht das Naturjuwel Neusiedler See
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler: „Der Neusiedler See ist ein Naturjuwel Österreichs. Die Klimakrise bedroht jedoch auch den See: Trockenheit im Sommer erhöht die Brandgefahr. Zudem erschwert die fehlende Eisdecke im Winter den Schilfschnitt. Wir brauchen daher Lösungen, wie wir den Schilfgürtel trotz dieser Gegebenheiten erhalten können. Im Rahmen einer einmaligen Brandschutzübung testen wir jetzt, welche Auswirkungen Brände haben. Ich bedanke mich schon jetzt bei allen mitwirkenden Feuerwehrleuten für ihren Einsatz. Anhand der Ergebnisse kann dann eine fachlich fundierte Entscheidung getroffen werden, ob es künftig eine Ausnahmemöglichkeit für ein kontrolliertes Brandmanagement geben kann.“
Eisenkopf: Lebensraum Schilf erhalten und verbessern
LH-Stv. Mag.a Astrid Eisenkopf: „Innerhalb es Natura 2000-Gebiets haben wir die Verpflichtung, den Lebensraum Schilf zu erhalten und nachhaltig zu verbessern. Das Schilf ist nicht nur Heimat für viele Tierarten, sondern es ist auch eine wichtige wirtschaftliche Ressource – ich denke hier an die Schilferntebetriebe, an die Jägerinnen und Jäger, Fischerinnen und Fischer, aber natürlich auch an die Anrainergemeinden, den Tourismus und die Wasserwirtschaft. Es ist also wichtig, dass das Schilf regelmäßig eine Verjüngung erfährt. Ein Brandmanagement und damit ein kontrolliertes Abbrennen wird uns von zahlreichen Expertinnen und Experten empfohlen und ist aus unserer Sicht deshalb absolut notwendig. Aus diesem Grunde bin ich bereits seit längerem in Kontakt mit dem zuständigen Ministerium, um eine mögliche Änderung des Bundesluftreinhaltegesetzes zu erwirken und habe auch vergangenes Jahr bei der Landesumweltreferentenkonferenz einen diesbezüglichen Antrag gestellt, um eine Änderung des Bundesluftreinhaltegesetzes zu erwirken.“
Dorner: Erfahrungen im Umgang mit Schilfbränden gewinnen
Feuerwehrreferent LR Mag. Heinrich Dorner: „Hauptziel dieser geplanten Katastrophenhilfsdienstübung ist, unter kontrollierten Bedingungen Erfahrungen im Umgang mit Schilfbränden zu gewinnen und mögliche Einsatztaktiken praktisch zu üben. Dass man damit dem Neusiedler See Gutes tut, beziehungsweise dem großteils überalterten Schilfgürtel so zur Verjüngung verhilft, davon sind wir überzeugt. In diesem Sinne darf ich mich bei allen beteiligten Feuerwehren, Behörden und Institutionen, insbesondere auch bei der Seemanagement Burgenland GmbH zur operativen Vorbereitung des Übungsgeländes sowie beim Bezirksfeuerwehrkommando Neusiedl für die hervorragende Koordination recht herzlich bedanken und wünsche einen unfallfreien Übungsverlauf.“ Dorner betonte zudem, dass mit dem kontrollierten Abbrennen von Schilf eine weitere wichtige Initiative für den gesamten Naturraum Seewinkel/Neusiedler See umgesetzt wird – zusätzlich zu den zielgerichteten Maßnahmen der Seemanagement Burgenland in den Seegemeinden.
Zechmeister: Schilf benötigt regelmäßige Verjüngung
Mag. Dr. Thomas Zechmeister, Leiter Biologische Station Illmitz: „Altschilf, das nach ca. 15 Jahren in sich zusammenbricht und zum Knickschilf wird, bildet riesige Ansammlungen von Biomasse in Form einer dicken undurchdringlichen Mullschicht. Der Prozess der natürlichen Verjüngung durch Jungschilf ist dann unterdrückt, da es nicht durchkommt. Das Mosaik von Schilfbeständen unterschiedlicher Altersklassen, das für die spezialisierten Tierarten des Natura-2000-Gebiets so lebensnotwenig ist, verschwindet dann zusehends. Daher sind laufende revitalisierende Maßnahmen im Schilfgürtel wie kontrolliertes Brandmanagement oder Mahd so notwendig. Diese Brandschutzübung gibt uns erstmalig Gelegenheit, den umweltökologischen Zustand des Schilfgürtels vor, während und nach dem Brand umfassen zu untersuchen und den Einfluss auf die Biodiversität, die Luftgüte und die Treibhausgasbilanz zu studieren. Gemeinsam mit einem Expertenteam wird es uns gelingen, die Auswirkungen des Brandes auf Natur, Klima und Stoffkreisläufe zu verstehen, um zukünftige Managementmaßnahmen im Schilfgürtel optimal gestalten zu können.“
Landesfeuerwehrkommandant-Stellvertreter LBDS Harald Nakovich: 300 Florianis im Einsatz
Bis zu 300 Feuerwehrfrauen und -männer werden an der Brandschutzübung am 13. Jänner 2024 teilnehmen. Landesfeuerwehrkommandant-Stellvertreter LBDS Harald Nakovich sagt: „Ziel der Übung am Neusiedler See für die Wehren ist, die Erkenntnisse und die Auswirkungen auf zukünftige Brandereignisse durch die präventiv getroffene Maßnahmen wie Kanäle, Schneisen, Gräben und zusätzliche Vorkehrungen wie auch das Zusammenspiel der neu gegründeten Sonderdiensteinheiten des Burgenländischen Landesfeuerwehrverbandes mit der Vegetationsbrandbekämpfung und einer Drohne mit den bestehenden Einheiten wie Flugdienst und Wasserdienst in der Praxis zu testen. Die Erkenntnisse aus dieser Übung werden in die zukünftigen Planungen der Feuerwehren einfließen“, betont Nakovich.
Kandelsdorfer: Katastrophenhilfsdienstübung soll Erkenntnisse über die Wirksamkeit von Brandschutzschneisen und anderen Brandschutzmaßnahmen bringen
OBR Anton Kandelsdorfer / Bezirksfeuerwehrkommandant Bezirk Neusiedl am See: „Diese Katastrophenhilfsdienstübung am Neusiedler See im Schilfbereich von Jois, die in Zusammenarbeit mit dem Amt der Burgenländischen Landesregierung, dem Seemanagement, dem Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel und der Biologischen Station Illmitz sowie in enger Abstimmung mit dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie geplant wurde, soll neben den wissenschaftlich begleiteten Betrachtungen zum Thema Auswirkungen auf die Umwelt in erster Linie wichtige Erkenntnisse über die Wirksamkeit von Brandschutzschneisen, den effektiven Einsatz von VBB-Einheiten der Feuerwehr (VegetationsBrandBekämpfungs - Einheiten) und das Zusammenspiel von Sondereinheiten wie zum Beispiel dem Flugdienst und dem Wasserdienst der Feuerwehr und anderen Einsatzorganisationen bei Schilfbränden bringen.“
Die Übungsziele im Detail:
- Wirksamkeit von Brandschutzschneise
- Einsatz der Vegetationsbrandbekämpfungseinheiten (VBB) bei Schilfbränden
- Einsatz des Flugdienstes in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Inneres
- Mannschaftstransport und Anlanden mit Feuerwehrbooten, geländegängigen Fahrzeugen (ATV) und Pickup-Kleinlastkraftwagen
- Geländegängiges Kettenfahrzeug (Hägglund) mit Löschwassertank, Honda-Pumpen, eventuell Tragkraftspritzen (TS) für die Vegetationsbrandbekämpfungseinheiten (VBB-Einheiten)
- Messungen von Schadstoffen und der Temperatur mit Unterstützung von Drohnen
Eine Übersicht zu den teilnehmenden Feuerwehren und Einsatzmittel:
- Feuerwehren Jois, Kaisersteinbruch, Weiden und Winden
- Landesfeuerwehrkommando (LFKdo), Einsatzleitfahrzeug (ELF), PickUp-Kleinkraftwagen, geländegängiges Fahrzeug (ATV), Mannschaftstransportfahrzeuge (MTF). Motorzillen
- Flugdienst (Hubschrauber des Innenministeriums) mit Löschtank („Bambi Bag“)
- Drohnenstützpunkte
- Hägglund der Betriebsfeuerwehr (BTF) vom Flughafen Wien
- Vegetationsbrandbekämpfungseinheiten der Bezirke Neusiedl und Oberpullendorf ab 07.30 Uhr am 13. Jänner 2024
- Vegetationsbrandbekämpfungseinheiten der Bezirke Eisenstadt-Umgebung sowie auch der Freistädte Eisenstadt und Rust ab 11.45 Uhr am 13. Jänner 2024
- Großtanklöschfahrzeuge (GTLF) der Wehren Gols und Parndorf (in Bereitschaft)
- Boote Neusiedl und Rust, Zillen Jois und Purbach (witterungsabhängig)
- Pressebetreuung durch das Bezirksfeuerwehrkommando Neusiedl im Feuerwehrhaus Jois
- Rotes Kreuz
Pressefotos herunterladen:
Brandschutzübung Monitoring Neusiedler See Jois 1 Brandschutzübung Monitoring Neusiedler See Jois 2
Brandschutzübung Monitoring Neusiedler See Jois 3 Brandschutzübung Monitoring Neusiedler See Jois 4
Brandschutzübung Monitoring Neusiedler See Jois 5
Bildtext FF Brandschutzübung Monitoring Neusiedler See Jois 1, 2, 3 (v.l.): OBR Anton Kandelsdorfer, Kommandant BFKDO Neusiedl am See, LR Mag. Heinrich Dorner, BMin Leonore Gewessler, BA, LH-Stv.in Mag.a Astrid Eisenkopf und LBDS Harald Nakovich, Landesfeuerwehrkommandant-Stellvertreter, informierten über die bevorstehende Brandschutzübung mit Monitoring
Bildtext FF Brandschutzübung Monitoring Neusiedler See Jois 4 (v.l.): LBDS Martin Reidl, Landesfeuerwehrkommandant-Stellvertreter, LBDS Harald Nakovich, Landesfeuerwehrkommandant-Stellvertreter, LH-Stv.in Mag.a Astrid Eisenkopf, BMin Leonore Gewessler, BA, LR Mag. Heinrich Dorner, OBR Anton Kandelsdorfer, Kommandant BFKDO Neusiedl am See, und Mag. Dr. Thomas Zechmeister, Leiter Biologische Station Illmitz
Bildtext FF Brandschutzübung Monitoring Neusiedler See Jois 5 (v.l.): LBDS Harald Nakovich, Landesfeuerwehrkommandant-Stellvertreter, LR Mag. Heinrich Dorner, BMin Leonore Gewessler, BA, OBR Anton Kandelsdorfer, Kommandant BFKDO Neusiedl am See, LH-Stv.in Mag.a Astrid Eisenkopf, LBDS Martin Reidl, Landesfeuerwehrkommandant-Stellvertreter, und Mag. Dr. Thomas Zechmeister, Leiter Biologische Station Illmitz, vor den FF-Haus in Jois
Jois, 11.01.2024
Landesmedienservice Burgenland
7000 Eisenstadt, Landhaus, Europaplatz 1
Tel: 02682/600-2094
Fax: 02682/600-2278
post.oa-presse(at)bgld.gv.at
www.burgenland.at