Die stark wachsende Wildschweinpopulation führt landesweit zu massiven Problemen und verursacht große Schäden an land- und forstwirtschaftlichen Kulturen. Stete Sorge bereiten zudem immer wieder Tierseuchen wie die derzeit in östlichen Nachbarländern grassierende Afrikanische Schweinepest. Ein im Auftrag von Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf ausgearbeiteter 5-Punkte-Aktionsplan soll ein nachhaltiges Wildschweinmanagement sicherstellen und Seuchen wirksam entgegentreten. Der wiederholten Forderung nach der Erlaubnis von Nachtsichtgeräten zur Bejagung erteilt Eisenkopf indes eine strikte Absage.
Auf rund 11.000 Tiere beläuft sich die Wildschweinstrecke derzeit im Burgenland – so viele wie vor 15 Jahren in ganz Österreich. Und sie steigt europaweit stark, ebenso wie die Gefahr von Tierseuchen. Von der Afrikanischen Schweinepest, die derzeit vor allem in Ungarn, Rumänien und Polen grassiert, ist das Burgenland bislang, nicht zuletzt aufgrund coronabedingter Reisesperren, verschont geblieben; doch die Gefahr einer Einschleppung ist nun wieder verstärkt präsent.
Nein zum Einsatz von Nachtsichtgeräten
„Um der Wildschweinplage und der Seuchenausbreitung Herr zu werden, müssen wir das Thema ganzheitlich denken. Der immer wieder geforderte Einsatz von Nachtsichtgeräten zur Bejagung ist für mich jedenfalls auch aus tierschutzrelevanter Sicht problematisch, er stellt für mich keine natürliche Bejagung dar und würde in weiterer Folge auch dem ‚wilden Jagen‘ Tür und Tor öffnen“, erklärte Eisenkopf. Erfahrungen aus Deutschland belegten, dass deren Einsatz nicht den erhofften Erfolg zeitigen, berichtet Veterinärdirektorin Millard. „Ein Wildschwein ist so schlau, dass es seine Verhaltensweise ändert und sich am Tag bewegt, wenn es in der Nacht bejagt wird, was wiederum die Nachtruhe anderer Tiere stört. Und auf vermehrte Bejagung reagiert die Wildschweinpopulation mit verstärkter Reproduktion“. Eine Möglichkeit zur Eindämmung der Population sei die Empfängnisverhütung, wie sie derzeit in Deutschland erprobt werde. Es brauche jedenfalls das Zusammenwirken verschiedener Maßnahmen.
Die Tierschutzreferentin hatte deshalb vergangene Woche Vertreter der Jagd, der Landwirtschaft und des Veterinärwesens zu einem Gespräch geladen, in dem alle Problemfelder erörtert wurden. Als Ergebnis sei nun ein Maßnahmenpaket für ein nachhaltiges Wildschweinmanagement ausgearbeitet worden. „Der Aktionsplan stellt das Fundament zur Bekämpfung der Wildschweinplage dar, braucht aber die Unterstützung aller Nutzer und Beteiligten in diesem Bereich, um erfolgreich zu sein. Ziel muss es sein, das heimische Wild und die Artenvielfalt auf wirkungsvolle Weise zu schützen“. Eisenkopf erwartet sich zudem ein erhöhtes Engagement von den rund 7.500 Jagdausübungsberechtigten im Burgenland.
Ruhe und Rückzugsorte für das Wild in den Abendstunden
Landwirte, Jäger, Wanderer und immer mehr Freizeitsportler nutzen zu jeder Tageszeit den Wald – Konflikte sind programmiert. In Ermangelung von Nachtruhe und Rückzugsorten ziehen sich die Tiere vermehrt in die Felder zurück, wo sie immer mehr Schäden verursachen. Wohl müsse der Wald weiterhin für alle zugänglich sein, jedoch müssten für das Wild gerade in den Abend- und Nachtstunden Ruhe und Rückzugsorte sichergestellt werden, fordert Eisenkopf. Sie appelliert an alle Nutzer des Waldes, im Sinne des Tierschutzes und der Artenvielfalt dies zu beherzigen und will dafür verstärkt auf bewusstseinsbildende Maßnahmen setzen.
Verbot der (Anlock-)Fütterung an nicht deklarierten Stellen
Schwarzwildfütterungen sind mit Ausnahme von genau im Bgld. Jagdgesetz definierten Möglichkeiten der Anlock- bzw. Ablenkfütterung (Kirrung) strengstens verboten. Nicht alle halten sich daran. „Durch diese zumeist gut gemeinten, aber verbotenen Fütterungsaktivitäten steigen die Wildschäden in unseren Wäldern und den landwirtschaftlichen Nutzflächen“.
Förderfähigkeit von Jagdschneisen über die EU ermöglichen
Jagdschneisen durch bewirtschaftete Flächen sind wichtig für eine effektive Bejagung von Schwarzwild und damit für die Eindämmung von Wildkrankheiten und -schäden. Stellt ein Landwirt eine Jagdschneise zur Verfügung, muss er derzeit jedoch für diese Fläche Fördereinbußen bei der Flächenförderung durch die EU in Kauf nehmen. Eisenkopf fordert den finanziellen Ausgleich für einen bestimmten Anteil – „wir denken hier an 20 Prozent“ – von Wirtschaftsflächen, der für Jagdschneisen, aber auch sonstige Blüh- und Diversitätsflächen zur Verfügung gestellt wird. Bei der nächsten Agrarreferentenkonferenz werde dies erneut auf der Agenda stehen; man werde erwarte sich dabei Unterstützung vom Bund.
Angebot von Wildbret in burgenländischen Küchen steigern
Um den Jagddruck zu erhöhen und Jägern den Absatz sicherzustellen, soll Wild verstärkt in burgenländischen Küchen auf dem Speiseplan stehen. "Wenn Wildfleisch nicht verkauft wird, wird es auch nicht bejagt“, sagt Eisenkopf und verweist dabei auf bereits laufende „Wildbretinitiativen“.
Bewegungsjagden werden empfohlen
Schließlich wird eine effiziente Wildschweinbejagung empfohlen. Dabei sei es unerlässlich, auf Bewegungsjagden zurückzugreifen. Diese müssten revierbezogen gezielt und zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt werden, um Wildschweinpopulationen niedrig halten zu können.
„Diese Maßnahmen sind ein erster wichtiger und richtiger Fahrplan, der nachhaltigen Tierschutz und waidgerechtes Wildschweinmanagement zum Ziel hat. Nur wenn alle Beteiligten mithelfen, werden die Maßnahmen auch erfolgreich sein“, erklärt Eisenkopf.
Links und weiterführende Informationen:
www.burgenland.at/wildschweinmanagement/
oder <link themen jagd wildschweinmanagement>
www.burgenland.at/themen/jagd/wildschweinmanagement/
Pressefoto zum Download: Maßnahmenplan Wildschweinmanagement
Bildtext: Landeshauptmannstellvertreterin Astrid Eisenkopf und Yvonne Millard, Veterinärdirektion Burgenland, präsentierten Maßnahmenplan für nachhaltiges Wildschweinmanagement
Bildquelle: Landesmedienservice Burgenland
Hans-Christian Siess, 8. Juni 2020
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