Die „Reichspogromnacht“ vom 9. auf den 10. November 1938 wurde im Nazi-Jargon als Anspielung auf die zertrümmerten Fenster und Kristallleuchter mutwillig zerstörter Synagogen und jüdischer Geschäfte euphemistisch „Reichskristallnacht“ genannt. Die Aktion war von der NSDAP bzw. der SA gesteuert und fand gleichzeitig im gesamten Dritten Reich statt. Im Zuge der Novemberpogrome wurden 6.000 österreichische Juden verhaftet und knapp 4.000 in Konzentrationslager verschleppt.
Alleine in Wien wurden 43 Synagogen und Bethäuser verwüstet und in Brand gesteckt und tausende jüdische Geschäfte und Wohnungen geplündert. 30 Juden kamen in Österreich unmittelbar im Zuge des Novemberpogroms zu Tode.
Die Vertreibung der burgenländischen Juden begann unmittelbar nach dem Anschluss im März 1938 und verlief mit dramatischer Geschwindigkeit. Bis zum Sommer 1938 waren fast alle der ca. 3.600 burgenländischen Juden ins Ausland geflüchtet oder wurden gewaltsam vertrieben. Der Rest ist nach Wien geflohen, wo jüdisches Leben vorerst noch geduldet wurde. Die Gewaltexzesse im Burgenland richteten sich daher hauptsächlich gegen jüdische Einrichtungen.
Von der 12 Synagogen und Bethäusern im Burgenland wurden die Synagogen von Kobersdorf, Rechnitz, Mattersburg und die öffentliche Synagoge von Eisenstadt verwüstet und des Inventars beraubt. Von Brandanschlägen wurde im Burgenland aus Rücksicht auf die benachbarte „arische“ Bevölkerung weitestgehend Abstand genommen. Im Fall des Eisenstädter Gemeindetempels war das die bereits zweite Schändung. Im Juni 1938 war das Gebäude ein erstes Mal verwüstet worden. In Güssing wurde zweimal vergeblich versucht, die Synagoge in Brand zu stecken. Das Feuer war beide Male ausgegangen. Daher wurden die Wertgegenstände des jüdischen Viertels und die Kultgegenstände der Synagoge auf dem Platz vor der Synagoge verbrannt.
1939 wurde die Synagoge von Frauenkirchen abgetragen, die Tempel von Mattersburg, Deutschkreutz und Lackenbach wurden gesprengt. Die noch existenten, geschändeten Synagogengebäude wurden von den Nazis anderwärtig verwendet: In Kobersdorf residierte die örtliche SA künftig im Gebäude, der Tempel von Oberwart wurde zum Feuerwehrhaus und in Rechnitz richtete man eine Jugendherberge ein. Die Synagoge von Güssing wurde zur Turn- und Festhalle umfunktioniert.
Die private Synagoge im Wertheimer Haus, dem heutigen Österreichischen Jüdischen Museum in Eisenstadt, wurde nur durch einen Zufall verschont. Die Nazis hatten sie schlichtweg vergessen. Zuvor waren aus Sicherheitsgründen die wertvollen Thora-Rollen eingemauert worden. Die private Synagoge der Familie Wolf und Teile des liturgisch wertvollen Inventars können noch heut im Zuge von Führungen besichtigt werden.
Die Reichspogromnacht stellt einen ersten tragischen Höhepunkt in der Verfolgung und Vertreibung der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger dar. Am Ende stand die Ermordung in einem der vielen Konzentrationslagern und Ghettos des Dritten Reichs. Von den ehemals 12 Synagogen des Burgenlandes werden die Tempel von Schlaining und die Wertheimer Synagoge noch heute museal genutzt. Letztere ist sogar noch geweiht und heute noch Ort von liturgischen Feiern. Das Synagogengebäude von Kobersdorf wird in den kommenden Jahren generalsaniert und wird dann zum Kulturzentrum mit einem Schwerpunkt auf jüdische Kultur, Geschichte und politische Bildung. Der Mahncharakter des Hauses wird bewusst erhalten bleiben.
Zumindest die interaktiven, dreidimensionalen Rekonstruktionen der heute nicht mehr existierenden Synagogen des Burgenlandes können im Landesmuseum und im Österreichischen Jüdischen Museum eingesehen werden.