Das Ende 2013 in Kraft getretene Burgenländische Kinder- und Jugendhilfegesetz hat sich bewährt; zur Qualitätssicherung und –Weiterentwicklung werden nunmehr auf der Basis eines Bedarfs- und Entwicklungsplans grundlegende Maßnahmen schrittweise umgesetzt, so der Soziallandesrat. Prävention und Bewusstseinsbildung, die Stärkung der Eigenverantwortung in den Familien und die Flexibilisierung der breitgefächerten Versorgungsstruktur stehen im Fokus der Jugendwohlfahrt. Die Ausbildung von SozialarbeiterInnen an der FH Eisenstadt soll zur Optimierung der Versorgungsstruktur beitragen. „Der Unterstützungsbedarf für Kinder und Jugendliche steigt auch im Burgenland seit Jahren an. Es ist für mich eine der wichtigsten Herausforderungen unserer Gesellschaft, jenen, die aufgrund verschiedenster Umstände geringere Startchancen ins Leben haben, eine Perspektive zu geben“, betonte Rezar.
Ausweitung der Betreuung, mehr Flexibilität
Per 1. Dezember 2013 ist das neue „Burgenländische Kinder- und Jugendhilfegesetz“ in Kraft getreten, mit dem langjährige Forderungen der Jugendwohlfahrt nunmehr gesetzlich normiert worden seien. So werden im Hinblick auf flexiblere Unterstützung die Angebote durch unterschiedliche Betreuungsformen ausgeweitet, erklärt Rezar: „Es soll, neben unterschiedlich intensiven Betreuungsangeboten auch die Möglichkeit von stationären, teilstationären oder auch zeitlich befristeten Betreuungsformen geben“. Ein „Meilenstein“ ist trotz genereller Sparmaßnahmen mit der Aufstockung der BetreuerInnen um fünf Vollzeitäquivalente gesetzt worden. Insgesamt sind derzeit rund 40 Personen (31 Vollzeitäquivalente) im Landesdienst (Land und Bezirkshauptmannschaften) beschäftigt. Mittel- und langfristig soll auch die Ausbildung von SozialarbeiterInnen an der FH Eisenstadt zur Optimierung der Versorgungsstruktur beitragen.
Vier-Augen-Prinzip und stärkere Einbeziehung von Eltern und Kindern
Ein wesentlicher Punkt im neuen Gesetz ist das „Vier-Augen-Prinzip“, erklärt LDSA Bettina Horvath. Dieses schreibt für wichtige Einschätzungen zum Kindeswohl und möglichen Gefährdung von Kindern sowie zur Entscheidungsfindung über die Form der Betreuung – etwa die Herausnahme des Kindes aus der Familie auf Zeit - zwei Fachkräfte vor. Auch die Meldepflicht bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung wurde erweitert. Kindergärten oder Schulen etwa müssen Verdachtsfälle schriftlich melden. Es wurden weiters Grundlagen für die Hilfeplanung geschaffen. „Ganz wichtig ist die Beteiligung von Kindern und Eltern in diesem Prozess“, weiß Horvath. Arbeitsschritte müssen jetzt schriftlich dokumentiert werden. „Mit dem Gesetz werden die Kinderrechte gestärkt, auch Auskunftsrechte“, so Horvath. Ihr ist wichtig, dass es landesweit einheitliche Rahmenbedingungen gibt. „Eine Familie soll in jeder Region jene Angebote finden, die sie braucht“.
Regelmäßige Schulungen und Supervision
Für neue Mitarbeiterinnen gibt es ein Einschulungskonzept, und in einem Lehrgang für Kinder- und Jugendhilfe in Kooperation mit der Akademie Burgenland werden die Kernkompetenzen der MitarbeiterInnen in der Kinder- und Jugendhilfe vertieft. Laufende Fortbildungen ebenso wie regelmäßiger fachlicher Austausch und Supervision sind selbstverständlich. Gearbeitet wird auch bundesländerübergreifend, so etwa in verschiedenen Arbeitsgruppen im Bereich der vollen Erziehung, wo es mittlerweile österreichweite Standards gibt. Im Burgenland wird es in diesem Jahr in Kooperation mit dem SOS Kinderdorf erstmals eine Fortbildung für Pflegeeltern geben.
Platzbörse für Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen
Eine wesentliche Verbesserung und Arbeitserleichterung für die SozialarbeiterInnen stellt die Platzbörse für Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen dar. Sie erfasst alle burgenländischen Wohngemeinschaften – derzeit 27 mit 446 Plätzen -, aber auch Einrichtungen aus anderen Bundesländern, die burgenländische Kinder aufnehmen und betreuen, informiert aber auch über deren Betreuungskonzepte.
Projekt „Frühe Hilfen“
Ein niederschwelliger Zugang wird Familien im Projekt „Frühe Hilfen“ geboten. Dabei werden regionale Unterstützungsangebote vernetzt und FamilienbegleiterInnen geschult, die die Familien beraten und deren eigene Ressourcen aktivieren sollen. Rezar: „Ziel ist, die Entwicklungsmöglichkeiten und Gesundheitschancen von Kindern und Eltern frühzeitig, noch bevor die Kinder- und Jugendhilfe aktiv werden muss, entscheidend und nachhaltig zu verbessern“.
Bedarfs- und Entwicklungsplan als Grundlage
Ein 2007 erstellter und seither laufend evaluierter und ergänzter Bedarfs- und Entwicklungsplan bildet die Grundlage für alle Maßnahmen im Kinder- und Jugendbereich. Eine Steuerungsgruppe mit verschiedenen Experten befasst sich dazu mit Ursachen, Trends und gesellschaftlichen Entwicklungen und den daraus resultierenden Erfordernissen. Als wesentlich hat sich die Stärkung der Eigenverantwortung in den Familien herausgestellt, berichtet WHR Mag. Gerhard Tschurlovits, Vorstand der Abt. 6/Soziales im Amt der Burgenländischen Landesregierung: „Es gilt, die Erziehungskompetenz der Eltern stärker zu entwickeln. Der Schlüssel liegt in der Prävention“.
Unterstützungsbedarf ansteigend
Generell steigt der Unterstützungsbedarf auch im Burgenland seit Jahren an. Mögliche Ursachen sind gesamtgesellschaftliche, aber auch familiäre Veränderungen – die „Abgabe“ von Erziehungsverantwortung aus dem familiären Verbund und Institutionen wird hier immer wieder genannt. „Die Kinder- und Jugendhilfe ist gefordert, gemeinsam mit den Eltern für jedes Kind und seine Familie passgenaue Angebote zu kreieren. Ziel muss es aber auch sein, Lösungsstrategien zu entwickeln, um diesem Trend entgegen zu wirken und Eltern so frühzeitig wie möglich mit Erziehungskompetenzen auszustatten“, so Rezar abschließend.
Pressefoto zum Download: Kinder- und Jugendwohlfahrt
Bild (v.l.): LDSA Bettina Horvath, LR Dr. Peter Rezar, WHR Mag. Gerhard Tschurlovits, Leiter Abt. 6 im Amt d. Bgld. LReg.
Bildquelle: Bgld. Landesmedienservice
Hans-Christian Siess, 18. Feber 2015
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