Landeshauptmann Hans Peter Doskozil zeigt sich nach der Videokonferenz mit der Bundesregierung verärgert und fordert Bundeskanzler Sebastian Kurz abermals zu einer sachlichen Zusammenarbeit mit den Ländern auf: „Die Vorkommisse, die der Videokonferenz vorangegangen sind, sind an politischer Verantwortungslosigkeit kaum zu übertreffen. Es kann nicht sein, dass Medien vor den zuständigen politischen Verantwortungsträgern über die weiteren Schritte informiert werden“, so Doskozil. Der Landeshauptmann betont außerdem, dass die Entscheidungen der Regierung zum Beginn der Krise und auch der daraus resultierende erste Lockdown jedenfalls richtig und nachvollziehbar waren. Jedoch habe die Bundesregierung die Zeit nach dem ersten Lockdown nicht genutzt, um eine nachhaltige und durchgängige Strategie für eine zweite Welle zu entwickeln und schieße nun deshalb in manchen Bereichen – wie bei den Regelungen bezüglich der Tourismus- und Gastronomiebranche – aus der Hüfte.
Für die Art und Weise, wie die Regierungs-Kommunikation vor der Videokonferenz mit den Ländern ablief, kann Landeshauptmann Doskozil kein Verständnis aufbringen. Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte am Donnerstag (29.10.2020) in einer Pressekonferenz angekündigt, dass es neue Regelungen zur Eindämmung der Krise geben werde, die zuvor mit den Sozialpartnern und Ländern abgestimmt werden sollten. Der tatsächliche Ablauf gestaltete sich jedoch anders: Basierend auf einem Entwurf der Verordnung, der den Medien zugespielt wurde, folgten Freitagvormittag die ersten Medienberichte, über einen zweiten Lockdown – die Chefredakteure seien um 20.00 Uhr sogar in das Bundeskanzleramt eingeladen worden. „Zu diesem Zeitpunkt hatte der Bund die Länder noch nicht informiert – ich erfuhr über die Medien, welche Änderungen auf das Burgenland zukommen werden“, so der Landeshauptmann. Die erste Verordnung – die mit 3. November in Kraft tritt – sei dem Büroleiter des Landeshauptmannes vom Büroleiter des Bundeskanzlers erst um 01:20 Uhr übermittelt worden. Der Landeshauptmann dazu: „So ein Vorgehen des Kanzlers entbehrt jeglichem Leadership und macht die Planung für die Länder, Gemeinden und auch die Unternehmen, die die Maßnahmen umsetzten müssen, unmöglich. Hier hätte man sich ein Beispiel an Deutschland nehmen können, wo man sich gemeinsam mit den Ministerpräsidenten auf Reglungen geeinigt hat und erst danach geschlossen kommunizierte.“
Der Landeshauptmann sei enttäuscht darüber, „dass die Diskussion bei der Videokonferenz jeglichen Inhalts entbehrte, sondern in seinen Augen als reine Formsache veranstaltet wurde, um der Ankündigung vom Donnerstag, sich mit den Ländern abzustimmen, nachzukommen“. Prinzipiell begrüße er eine bundeseinheitliche Vorgehensweise und habe diese auch immer gefordert, aber dazu bedürfe es selbstverständlich der sachlichen Einbeziehung aller Bundesländer, so Doskozil: „Dass seitens der Bundesregierung im Sinne der Gesundheit der gesamten Bevölkerung keinerlei Kommunikation mit den SPÖ-geführten Bundesländern stattgefunden hat, ist angesichts der aktuellen Krisensituation schlicht verantwortungslos. Diese Vorgehensweise zeichnete sich bereits bei der vorwöchigen Maßnahmenverordnung ab und ist auch jetzt nicht akzeptabel.“
Inhaltlich sei die Verordnung nur teilweise nachvollziehbar, so Doskozil. Die Regelungen in Bezug auf Krankenanstalten, Pflegeheime und Sport findet der Landeshauptmann prinzipiell richtig und nachvollziehbar, um Clusterbildungen in diesen Bereichen entgegenzuwirken. Nicht nachvollziehbar sind in Doskozils Augen hingegen die Regelungen im Gastronomie- und Tourismusbereich: „Im Burgenland konnten wir im Oktober ein Tourismusplus von 20% verzeichnen, aber keine einzige Neuinfektion war auf den burgenländischen Tourismus zurückzuführen. In der Gastronomie wie in der Hotellerie wurde und wird alles dazu getan, die bisher vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen einzuhalten. Daher entbehrt eine solche Vorgehensweise jeglicher Grundlage.“ Auch die in der Verordnung vorgeschriebene Ausgangssperre zwischen 20.00 und 6.00 Uhr findet der Landeshauptmann derzeit nicht gerechtfertigt. Einschneidende Maßnahmen wie diese seien kritisch zu betrachten und hätten auf jeden Fall einer vorangehenden bundesweiten Abstimmung bedurft, so Landeshauptmann Doskozil abschließend.
Eisenstadt, 31. Oktober 2020
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