„Die Bundesregierung ist für mich nicht in der Lage, die derzeitige Situation zu beherrschen und richtig mit ihr umzugehen – so kann man das Vertrauen der Bevölkerung nicht zurückgewinnen", kritisiert Landeshauptmann Hans Peter Doskozil die jüngsten, einander oft widersprechenden Aussagen und Maßnahmenankündigungen von Mitgliedern der Bundesregierung. Insbesondere der Gesundheitsminister lasse jeglichen Dialog mit den Bundesländern vermissen: „Es gibt keine Kommunikation, mit dem Burgenland nicht, und auch nicht mit anderen.“ Ohne mit den Ländern zu reden, „kann man aber keine Krise bewältigen“, so der burgenländische Landeschef in einer Pressekonferenz am Dienstag in Eisenstadt.
Kritik übt Doskozil konkret auch am bisherigen PCR-Gurgeltest-System, das von der Bundesbeschaffungsagentur (BBG) ausgeschrieben und den Ländern zur Verfügung gestellt wurde: „Das PCR-Testsystem ist aus meiner Sicht zusammengebrochen." Am Aufbau eines eigenen Systems werde gearbeitet, denn: „Die Leute müssen ja arbeiten gehen können“ – und am Arbeitsplatz müssten 3G-Regeln eingehalten werden.
Die Zahlen der COVID-Patientinnen und -Patienten sind unter anderem dank der hohen burgenländischen Impfquote noch immer vergleichsweise niedriger als in anderen Bundesländern, die Situation in den Intensivstationen noch weniger angespannt, betonte Hans Peter Doskozil am Dienstag. Trotzdem müsse das Burgenland auch hier vorausschauend agieren, diverse Maßnahmen zur Sicherung der Versorgung in den Spitälern treffen und – wenn es notwendig ist – Solidarität mit anderen Bundesländern beweisen. „Schon jetzt liegen einige Patienten auch aus anderen Bundesländern auf unseren COVID-Stationen.“
Wenn die Zeit gekommen sein werde, müsse man hier zusammenstehen. Zwischen den Ländern funktioniere die Zusammenarbeit generell besser als zwischen Bund und Ländern, so die Wahrnehmung des burgenländischen Landeshauptmanns. Für eine Diskussion über eine mögliche Impflicht für das Gesundheitspersonal sei jetzt „einfach der falsche Zeitpunkt“. Eine derartige Impflicht hätte vermutlich zur Folge, „dass wir Spitalspersonal ganz einfach verlieren. So etwas will ich mitten in der vierten Welle, in der die Krankenhäuser am Limit sind, als Politiker doch nicht verantworten.“
Jedenfalls müsse das Burgenland in dieser Situation auf mehreren Ebenen nun eigene Maßnahmen setzen: Die FFP2-Maskenpflicht wird per Landesverordnung ausgeweitet, das Angebot an Impf- und Testmöglichkeiten wird weiter burgenlandweit ausgebaut.
Die Maßnahmen sind konkret:
Ausbau des burgenländischen Impfangebots: einfach zugänglich für alle
- Impfen mit Termin: 94 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte impfen im November in allen Bezirken
- Impfen ohne Termin in Gols, Müllendorf, Mattersburg, Oberpullendorf, Oberwart und Heiligenkreuz: jeweils Mittwoch bis Freitag von 16 bis 20 Uhr, Samstag und Sonntag von 8 bis 13 Uhr sowie 13.30 bis 18.30 Uhr
- Mittwoch und Sonntagnachmittag wird der Moderna Impfstoff an Menschen im Alter von 30+ verabreicht und an allen anderen Tagen BionTech/Pfizer
- Erst-, Zweit- und Drittstiche sind möglich
- Zusätzlich kommt Impfen in allen Gemeinden: sechs mobile Impf-Teams sind ab der kommenden Woche in allen Bezirken aktiv, jede Gemeinde soll zumindest einmal aufgesucht werden, Termine und Fahrplan werden derzeit erarbeitet, Erst-, Zweit- und Drittstiche sind ohne Anmeldung möglich
Schnelltest an elf Straßenbau-Standorten: Menschen ermöglichen, arbeiten zu gehen
Weil das PCR-Testsystem des Bundes nicht mehr adäquat funktioniert, bietet das Burgenland ab morgen, Mittwoch, Schnelltests in allen Standorten der Burgenländischen Baudirektion (Frauenkirchen, Parndorf, Eisenstadt, Mattersburg, Oberpullendorf, Bernstein, Oberwart, Markt Allhau, Großpetersdorf, Güssing und Jennersdorf) an, und zwar täglich von 5 Uhr früh bis 22 Uhr an. Deren Ergebnisse sind für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern 24 Stunden gültig.
Das Angebot gilt so lange bis im Burgenland wieder ein funktionierendes PCR-Testsystem zur Verfügung steht. „Wir wollen Menschen damit einfach helfen, ihrer Arbeit nachgehen zu können“, so der Landeshauptmann.
Ausweitung der FFP2-Maskenpflicht
Auch diese Sofortmaßnahme muss ergriffen werden, weil das PCR-Testsystem des Bundes nicht mehr so funktioniere, wie es sinnvoll sei (z.B. für Contact-Tracing und andere behördliche Maßnahmen). Ab 17. November 2021 gilt in öffentlich zugänglichen Innenräumen die FFP2-Maskenpflicht für Gäste und Besucher. Das gilt für: Gastgewerbe, Veranstaltungen, öffentliche Verkehrsmittel, körpernahe Dienstleister, allgemein zugängliche Bereiche von Beherbergungsbetrieben, Freizeit- und Kultureinrichtungen, Messen.
Weiterhin wie bisher aufrecht bleibt die FFP2-Pflicht in Spitälern und Pflegeheimen.
Ziel: hohe Impfquote steigern, 80.000 zusätzliche Drittstiche bis Jahresende
Bisher haben sich 219.842 (Stand: 16.11.2021) Burgenländerinnen und Burgenländer zumindest einmal impfen lassen – das sind 83 Prozent der impfbaren Bevölkerung, sprich Personen über 12 Jahre, oder 74 Prozent der Gesamtbevölkerung. Burgenland ist damit an der Spitze aller österreichischen Bundesländer. Als nächstes Ziel hat sich das Burgenland gesetzt, auch bei den Drittstichen an der Spitze zu liegen. Derzeit sind rund 24.300 Burgenländerinnen und Burgenländer dreimal geimpft („Booster“) – bis Ende Dezember 2021 sollen es 80.000 Drittstiche sein. Dann wären 27 Prozent der Gesamtbevölkerung dreifach gegen COVID-19 geschützt.