Seit Jahren werde in Österreich über eine tiefgreifende Reform des Pflegesystems diskutiert, sagte Illedits. Immerhin sind in Österreich mehr als 900.000 Menschen – im Burgenland sind es rund 30.000 Menschen – von dem Thema Pflege oder Betreuung betroffen. Auf Bundesebene wurden keine gesamtheitlichen positiven Lösungsansätze realisiert, abgesehen von der Abschaffung des Angehörigenregresses, erwähnte Illedits. Im Burgenland wurde im März der 21 Punkte umfassende „Zukunftsplan Pflege“ mit klaren Umsetzungszielen und –zeiträumen präsentiert. „Und wir halten uns an diese Vorgaben. Gerade im Pflegebereich brauchen die Menschen Taten statt Worte“, unterstrich der Soziallandesrat.
Einer dieser 21 Punkte und ein besonders innovativer Teil des „Zukunftsplan Pflege“ ist ein Anstellungsmodell für Menschen, die Angehörige pflegen und betreuen. Das Burgenland ist das erste und bislang einzige Bundesland in Österreich, das ein solches Modell realisiert. Es nimmt damit eine sozialpolitische Pionierrolle ein.
400 bis 600 Personen pflegen Schätzungen zufolge im Burgenland derzeit einen Angehörigen daheim, vielfach ohne jede professionelle Begleitung. Speziell auf diese Personengruppe ist dieses neue Anstellungsmodell abgestimmt. Diese Personen haben in dem neuen Modell die Chance auf ein Dienstverhältnis und ein Gehalt von bis zu 1.700 Euro monatlich netto. Diese Personen werden durch die Anstellung in das Sozialsystem integriert und alle Sozialversicherungsleistungen erhalten.
Dazu kommt auch eine berufliche Perspektive für die Zeit nach dem Betreuungsfall: Die pflegenden Angehörigen erhalten kostenfrei eine niederschwellige Grundausbildung im Ausmaß von 100 Lehreinheiten, die für die Betreuungs- und Pflegeleistungen notwendig sind. Es besteht auch die Möglichkeit für eine weiterführende Heimhilfe-Ausbildung, was der der betreuenden und pflegenden Person die Chance einräumt, in einem Sozial- und Gesundheitsberuf weiterhin tätig zu sein.
In den letzten Wochen wurden von den Pflege- und Sozialberaterinnen zahlreiche Anfragen von Interessenten entgegengenommen: Im gesamten Burgenland gab es rund 200 Interessierte, zirka 50 Personen werden nach dem 1. Oktober zu einem Informationsgespräch kommen. Fünf 5 Prozent davon waren Eltern von pflegebedürftigen bzw. behinderten Kindern.
Das Angebot wurde auch auf die ältere Generation ausgedehnt. Wenn beispielsweise ein Pensionist einen Angehörigen – dies ist meist der Ehepartner – betreut und das gemeinsame Haushaltseinkommen unter 1.700 Euro netto liegt, stockt das Land auf diesen Betrag auf.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für das Anstellungsmodell wurden in den vergangenen Wochen geschaffen: In der Landtagssitzung am 19. September 2019 wurde das Bgld. Sozialhilfegesetz entsprechend novelliert. In der Sitzung der Bgld. Landesregierung am 25. September 2019 wurde die entsprechende Richtlinie für die Anstellung pflegender Angehöriger beschlossen. Der nächste Schritt wird in der Landtagssitzung im Oktober 2019 gesetzt: Es soll das Sozialeinrichtungsgesetz zum Beschluss kommen. Dieses Gesetz regelt den Betrieb und die Errichtung von Pflege- und Betreuungseinrichtungen. Mit diesem Beschluss soll die Rechtsbasis für den „Zukunftsplan Pflege“ abgeschlossen werden.
„Im Mittelpunkt aller Bemühungen stehen die Pflegenden und die zu Pflegenden. Das kostet etwas, aber das ist eine Frage der sozialen Verantwortung“, sagte der Soziallandesrat. „Das Modell soll eine spürbare Lebensverbesserung bringen“, betonte Illedits.
Von einem ambitionierten Anstellungsmodell sprach der Geschäftsführer der KRAGES, Mag. (FH) Harald Keckeis, der auch die Pflege Service Burgenland GmbH leiten wird. In den vergangenen Monaten wurde an den Vorbereitungen für die Anstellung der pflegenden Angehörigen gearbeitet. Ab der nächsten Woche werde es konkrete Gespräche mit Interessierten geben. Das Modell sei abgestimmt auf Personen in den Pflegestufen 3 bis 5, das Modell gelte auch für pflegende Angehörige der Stufen 6 und 7, sagte Keckeis.
Die Entlohnung erfolgt mit 1.700 Euro netto bei einer 40-Stunden-Anstellung, wobei die pflegebedürftige Person einen Teil des Pflegegeldes und einen Teil des Einkommens (über dem Netto-Ausgleichzulagenrichtsatz) beizutragen hat. Bei Pflegestufe 3 ist eine 20-Stunden-Anstellung möglich, bei Pflegestufe 4 eine 30-Stunden-Anstellung, und ab Pflegestufe 5 ist eine 40-Stunden-Anstellung. Die konkreten Berechnungen werden im Einzelfall seitens der PSB vorgenommen.
Wenn nach den Beratungsgesprächen mit den Pflege- und Sozialberatern eine Antragstellung erfolgt, werden dies Anträge innerhalb weniger Tage bearbeitet, sagte Keckeis. Bei Anstellung des pflegenden Angehörigen wird ein Dienstvertrag mit der Pflege Service Burgenland GmbH abgeschlossen sowie ein Vertrag mit der zu pflegenden Person, die natürlich in alle Schritte eingebunden ist und deren Zustimmung notwendig ist.
Der Bedarf in der Bevölkerung nach Informationen rund um Pflege und Betreuung ist sehr groß. Daher werden die Pflege- und Sozialberater unter der Koordination von DGKP Tamara Hadjwasiri in die Anstellung der pflegenden Angehörigen eingebunden. Die Pflege- und Sozialberater sollen als fundierte Ansprechpartner für pflegebedürftige Menschen und vor allem auch für ihre Angehörigen über die gesamte Angebotspalette im Pflegesektor informieren und mithelfen, eine möglichst individuelle Pflegelösung zu finden.
Infotour zum Zukunftsplan Pflege im Oktober 2019: Um die Burgenländer umfassend über das Pflegeangebot zu informieren, werden im Oktober 2019 in allen Bezirken Informations-Abende stattfinden. Die Auftaktveranstaltung wird gleichzeitig mit dem Start des Modells am 1. Oktober um 19 Uhr in Schattendorf im Bezirk Mattersburg stattfinden.
Alle Detailinfos zur Anstellung pflegender Angehöriger findet man auf der Internet-Seite www.pflegeserviceburgenland.at.
Telefonische Auskünfte erhält man bei der Pflegehotline des Landes Burgenland unter +43 57 600 1000.
In einem Factsheet wurde die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengefasst:
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Factsheet Pflege
Pressefoto
Bildtext (v.l.n.r.):
Soziallandesrat Christian Illedits, DGKP Tamara Hadjwasiri (Koordinatorin der bgld. Pflege- und Sozialberater) und Mag. (FH) Harald Keckeis (Geschäftsführer der KRAGES und PSB - Pflege Service Burgenland GmbH
Bildquelle: Bgld. Landesmedienservice
Mag. Christian Frasz, 26. September 2019
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