Symposium zu 85 Jahre „Anschluss“ in der Synagoge Kobersdorf

Nechemja Gang von der Misrachi Gemeinde Österreich übergab ein Buch mit Aufzeichnungen der Chewra Kadischa von Deutschkreutz an Landeshauptmann Hans Peter Dokozil.
Das Ehepaar Eva und Zoltan Pap brachten als Geschenk eine Menora mit und übergaben diese an Landeshauptmann Hans Peter Doskozil.

LH Doskozil: „Wie die Synagoge in Kobersdorf zum Leben erweckt wurde, sollte auch die jüdische Gemeinde im Burgenland zum Leben erweckt werden.“

Seit April 2022 dient die ehemalige Synagoge Kobersdorf als Ort für Kultur- und Bildungsveranstaltungen. Im Zuge des Programms „Wissenschaft in der Synagoge“ luden das Land Burgenland in Kooperation mit der Burgenländischen Forschungsgesellschaft und dem Verein Misrachi Österreich zu einem wissenschaftlichen Symposium mit dem Titel „85 Jahre ‚Anschluss‘. Die jüdischen Gemeinden des Burgenlandes aus lokalhistorischer Sicht“ am 28. und 29. Juni 2023. Im Mittelpunkt dieses Symposiums stehen die Entwicklungen rund um die jüdischen Gemeinden des Burgenlandes unmittelbar vor, während und nach dem „Anschluss“ 1938. Die ehemalige Synagoge in Kobersdorf sei der richtige Ort, um die Geschichte lokal aufzuarbeiten, so Landeshauptmann Hans Peter Doskozil in seiner Eröffnungsrede: „Dieses Haus ist ein sichtbares Zeichen gelebter Erinnerungskultur. Wir wollen die renovierte Synagoge mit Leben erfüllen. Das Symposium trägt dazu bei und hilft, den schrecklichsten Teil unserer Landesgeschichte weiter aufzuarbeiten.“ Mehr als 120 TeilnehmerInnen nehmen an der 2-tägigen Veranstaltung teil.

In seiner Ansprache sagte der Landeshauptmann, heute sei es unvorstellbar, welches Leid der Anschluss an das Naziregime für die jüdische Gemeinde und für die Menschen gebrachte hätte. Antisemitismus hätte nicht erst nach 1938 existiert. Man müsse sich die Frage stellen, welche Taten es gebraucht hätte, um die Gräueltaten und den Krieg zu verhindern. „Heute kann man mit Stolz sagen, wir leben im Burgenland in Frieden zusammen“, sagte Doskozil. „Im Burgenland gibt es unter den Volksgruppen ein gleichwertiges und respektvolles Miteinander. Im Burgenland macht dies unsere Gemeinschaft, unsere Identität aus. Zum Gesamtbild würde es im Bewusstsein unserer Geschichte aber auch gehören, dass es im Burgenland wieder eine jüdische Gemeinde gibt. So wie die Synagoge in Kobersdorf zum Leben erweckt wurde, sollte auch die jüdische Gemeinde im Burgenland zum Leben erweckt werden. Das ist ein Zukunftsziel, eine Vision, der wir uns gemeinsam annähern sollten und zu deren Verwirklichung ich alle einlade, die einen Beitrag leisten können“, betonte der Landeshauptmann.

Im wissenschaftlichen Fokus des zweitägigen Symposiums stehen die Entwicklungen rund um die jüdischen Gemeinden des Burgenlandes vor, während und nach dem „Anschluss“ 1938. Die Geschichte auch regional aufzuarbeiten, sei enorm wichtig, so LH Doskozil: „Eines der Ziele des Symposiums ist es daher, das lokalhistorische Wissen zu erweitern, aber auch einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Neben diesen wissenschaftlichen Aspekten ist das Symposium auch der Erinnerung an die vertriebenen und ermordeten Burgenland-Juden gewidmet.“ Die Referenten in Kobersdorf sind Experten in diesem Forschungsgebiet: Prof. Dr. Gerhard Botz (Institut für Zeitgeschichte der Uni Wien), Gerhard Baumgartner (Dokumentationszentrum des Österreichischen Widerstandes), Gerald Lamprecht und Janina Böck-Koroschitz (Institut für jüdische Geschichte Österreichs, St. Pölten) sowie internationale Historiker aus Israel und der Tschechien.

Bei der Eröffnung des Symposions wurden an das Land Burgenland zwei wertvolle Geschenke der jüdischen Erinnerungskultur übergeben: Eva Pap überreichte eine Menora. Nechemja Gang von der Misrachi Gemeinde Österreich, der auch bei der Organisation des Symposions mitarbeitete und bei der Renovierung der Synagoge tätig war, übergab ein Buch mit Aufzeichnungen der Chewra Kadischa von Deutschkreutz, das besondere Bedeutung für die jüdischen Geschichte im Burgenland hat. Nechemja Gang erklärte bei der Übergabe des Buches, dies sei Dank dafür, dass mit der Renovierung der Kobersdorfer Synagoge und der Organisation von Symposien wie jenes zum Thema Anschluss im Burgenland großartiges geleistet wurde. 
Seit 2022 betreibt das Land die ehemalige Synagoge nicht nur als einen Gedenk- und Erinnerungsort, sondern auch als einen Ort der lebendigen Auseinandersetzung mit jüdischer Kultur. Der Landeshauptmann sagte, er sei froh darüber, dass es gelungen sei, die Synagoge nach der Renovierung wieder einem Sinn zuzuführen und passende Veranstaltungen durchzuführen. 2022 gab es gut 70 Veranstaltungstage mit 5.000 BesucherInnen bei Vorträgen, Lesungen, Theateraufführungen und Konzerten mit jüdischen KünstlerInnen. In diesem Jahr findet das Sypomsium zum zweiten Mal in Kobersdorf statt, und auch 2023 soll die Synagoge Veranstaltungsort sein.

Schwerpunkt Antisemitismusprävention mit Jugendlichen

2023 wurde der bewusste Schwerpunkt im Bereich der Antisemitismusprävention mit Jugendlichen gesetzt. Ein zentrales Ziel bei der Programmausarbeitung war, Schüler zum Symposium zu laden. In diesem Jahr konnten sich SchülerInnen von der Berufsschule Eisenstadt in Kobersdorf mit der jüdischen Geschichte und Kultur auseinandersetzen. In einem speziellen Programm konnten die PädagogInnen eigenständig im Rahmen von Workshops die Synagoge und den Friedhof besuchen, einen Rundgang durch das ehemalige jüdische Kobersdorf machen und sich im Anschluss daran mit Antisemitismus und Rechtsextremismus auseinandersetzen.

Bildtexte: 

Symposium_Kobersdorf_280623_001 (v.l.n.r.): Nechemja Gang (Misrachi Gemeinde Österreich) übergab ein Buch mit Aufzeichnungen der Chewra Kadischa von Deutschkreutz an Landeshauptmann Hans Peter Dokozil.

Symposium_Kobersdorf_280623_004 (v.l.n.r.): Das Ehepaar Eva und Zoltan Pap brachten als Geschenk eine Menora mit und übergaben diese an Landeshauptmann Hans Peter Doskozil.

 

Die Pressefotos als Download: 

Symposium_Kobersdorf_280623_001

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Bildquelle: Landesmedienservice Burgenland

Mag. Christian Frasz

Eisenstadt, 28. Juni 2023
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