Dem Tier zu liebe - Tierschutzhaus Sonnenhof

 

Das Tierschutzhaus Sonnenhof – eine Einrichtung, die aus unserem gesellschaftlichen Leben nicht mehr wegzudenken ist, wird es mehr denn je gebraucht. Mittlerweile besteht das Tierschutzhaus Sonnenhof Eisenstadt mehr als zehn Jahre, genau genommen wurde es im November 2012 eröffnet. Im Juni folgt – zwar verspätet – das Jubiläumsfest. Zeit, um Bilanz zu ziehen. 
Seit der Eröffnung wurden insgesamt 5.500 Tiere aufgenommen. Rechnet man die kurzfristig vorübergehend untergebrachten Tiere mit ein, waren es sogar rund 6.200 Tiere, die in den vergangenen Jahren im Sonnenhof betreut wurden. Interessant ist auch die Zahl der Tiervergaben: es konnten rund 1.000 Hunde, 2.500 Katzen sowie 200 Kleintiere an tierliebende Besitzerinnen und Besitzer vermittelt werden. Darüber hinaus wurden 500 Hunde, 150 Katzen und 50 Kleintiere vom Team des Sonnenhofs wieder mit ihren Besitzerinnen und Besitzer zusammengeführt. Bemerkenswert ist auch die geringe Rücklaufquote, sprich Tiere, die nach der Vergabe wieder ins Tierschutzhaus zurückgebracht wurden: sie lag bei einem Prozent.

Mag. Wolfgang Böck , Geschäftsführer des Tierschutzhauses Sonnenhof, und selbst Besitzer eines Kaninchens und einer Katze, setzt sich seit der Eröffnung für das Wohl der Tiere ein.

Was war für Sie ausschlaggebend, dass Sie sich für die Geschäftsführung des Tierschutzhauses Sonnenhof beworben haben? 
Mag. Wolfgang Böck: Meine vorherige Tätigkeit als praktischer Tierarzt hat mir sehr viel Freude bereitet. Hierbei konnte ich als Betreuungstierarzt der Militärhunde des Österreichischen Bundesheeres wertvolle Erfahrungen in der Bestandsbetreuung sammeln. Die Möglichkeit und die Herausforderung, einen landestierschutzverein samt Tierschutzhaus von Grund auf mit aufzubauen, hat sofort mein Interesse geweckt und mich dazu bewogen, mich zu bewerben.

Tierschutz – was bedeutet dieser für Sie? 
Böck: Tiere als gleichwürdige Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen zu betrachten und zu versuchen, diesen ein möglichst artgerechtes Leben zu ermöglichen – unabhängig davon, ob es sich um Wild- oder Haustiere handelt. Das ist für mich Tierschutz.

Dass Sie Tierfreund sind, ist nicht zu übersehen bzw. zu überhören. Wie sind Ihre Beobachtungen hinsichtlich des Umgangs mit Tieren? 
Böck: Ich habe mich zeitlebens für Tiere und meine Umwelt im Allgemeinen interessiert und denke schon, dass ich ein besonderes Verhältnis zu Tieren habe. Mein Bestreben ist seit jeher vor allem ein wertschätzender Umgang mit Tieren, diesen als Mitgeschöpfen auf Augenhöhe zu begegnen und sie nicht zu verniedlichen oder nur als Nutzobjekte zu betrachten. Dieser Zugang ist für mich eine notwendige Voraussetzung, Tiere artgerecht zu behandeln und zu halten. Der allgemeine Umgang mit Tieren ist leider häufig davon entfernt – auf der einen Seite werden Heimtiere vermenschlicht und verniedlicht, auf der anderen Seite Nutztiere oft als reine Sachgüter ge- und behandelt. Hier würde ich mir eine Rückkehr zu einem naturverbundeneren und intuitiveren Umgang wünschen.

Warum sind Einrichtungen wie das Tierschutzhaus Sonnenhof überhaupt notwendig? 
Böck: Es gibt eine Vielzahl von Gründen, warum Tiere hilfsbedürftig werden oder ihr Zuhause verlieren. In jenen Fällen, in denen die burgenländischen Behörden tätig werden (vom Auffinden entlaufener Tiere bis hin zu Tierabnahmen aus Tierschutzgründen), werden die betroffenen Tiere im Tierschutzhaus Sonnenhof aufgenommen, (medizinisch) versorgt und bestmöglich betreut. Neben diesen Aufgaben sind es vor allem private Anlassfälle, die an uns herangetragen werden. Allgemein betrachtet, bin ich überzeugt, dass in dieser zunehmend industrialisierten. Digitalisierten und globalisierten Welt Tierschutz immer wichtiger wird, um zu verhindern, dass die Schwächsten der Gesellschaft auf der Strecke bleiben.

Herr Mag. Böck, Sie sind seit mehr als zehn Jahren Geschäftsführer des Tierschutzhauses Sonnenhofs. Wenn Sie so zurückblicken, was hat sich im Vergleich zur Anfangszeit geändert? 
Böck: Die aktuellen und vergangenen Krisen und die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung hinterlassen auch im Tierschutz ihre Spuren. Das ist im täglichen Umgang mit den Menschen oft spürbar. Einerseits besteht ein vermehrtes Bedürfnis, Haustiere zu halten, andererseits nimmt der natürliche Bezug zum Tier ab und die Möglichkeiten der Tierhaltung werden zunehmend eingeschränkt – das führt zwangsläufig immer wieder zu Problemen im Zusammenleben von Mensch und Tier.
Soweit es die Arbeit im Tierschutzhaus betrifft, hat vor allem auch das Ausmaß der beratenden Tätigkeit deutlich zugenommen.

Es ist immer wieder zu beobachten, dass Tiere, werden sie zu einem Problem oder den Besitzern lästig, in Tierschutzhäusern abgegeben werden. Ist die Weggabe eines Tieres ein gesellschaftliches Problem? Wie gehen Sie mit Tierbesitzern, die ihr Tier einfach aussetzen oder im Sonnenhof abgeben, um? 
Böck: Das Aussetzen von Tieren und eine Abgabe im Tierheim sollte man nicht in einen Topf werfen. Ersteres ist eine in einem entwickelten Land wie Österreich nicht zu rechtfertigende Straftat, die schon vielen Tieren das Leben gekostet hat. Zweiteres kann jedem von uns widerfahren. In unserer täglichen Arbeit sehen wir, dass hinter jedem Fall und jeder Anfrage eine individuelle Geschichte steht. Oft sind die Tierhalter überfordert, befinden sich in schwierigen Lebenssituationen oder dürfen das Tier bei einem Wohnungswechsel einfach nicht mitnehmen. Wir versuchen in jedem Fall, zu beraten und sämtliche Möglichkeiten aufzuzeigen. Wichtig dabei ist aber, den Tierhaltern ihre Verantwortung gegenüber dem Tier bewusst zu machen, diese auch einzufordern und eine Abgabe des Tieres im Tierschutzhaus möglichst zu vermeiden.

Wie und mit welchen Maßnahmen kann man Bewusstsein im Umgang mit Tieren schärfen? 
Böck: Sensibilisierung für und Vermittlung von Tierschutzthemen beginnt im Idealfall schon im Kindesalter. Kinder sind geborene Tierschützer, für sie ist ein wertschätzender Umgang mit Tieren eine Selbstverständlichkeit. Oft sind es auch die Kinder mit ihrem natürlichen und unverfälschten Zugang, die die Erwachsenen auf Tierschutzthemen aufmerksam machen. Bei unseren Schulbesuchen im Sonnenhof wird dies immer wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Allgemein ist es wichtig, dass die Menschen nicht den Kontakt zu den Tieren verlieren. Je mehr wir über unsere Mitgeschöpfe und deren Bedürfnisse erfahren und wissen, desto eher werden wir auf diese in unseren alltäglichen Entscheidungen Rücksicht nehmen. Das gilt besonders auch für Tierhalter – neben einer guten Portion Gespür ist hier für mich vor allem auch die nötige Sachkunde eine Voraussetzung für eine verantwortungsvolle Tierhaltung.

Abschließend gefragt: Woran bzw. welches Ereignis erinnern Sie sich gerne zurück? 
Böck: Es gibt unzählige kleine und große Ereignisse, an die wir uns gerne im Kreise des gesamten Teams zurückerinnern. Allen voran sind es aber freudige Besuche von ehemaligen Schützlingen, oft Jahre nach deren erfolgreicher Vermittlung. Diese Momente sind es, die uns wieder wissen lassen. Wofür wir jeden Tag eintreten.

Wie soll sich Tierschutz und das Tierschutzhaus Sonnenhof weiterentwickeln? 
Böck: Das österreichische Tierschutzgesetz bietet grundsätzlich eine gute Ausgangsbasis, die Umsetzung ist in vielen Bereichen verbesserungswürdig. Im Haus- und Heimtierbereich hat es in den letzten Jahren einige positive Entwicklungen gegeben. Im Nutztierbereich besteht meiner Meinung nach massiver Nachholbedarf, wenngleich mir bewusst ist, dass hier verschiedenste Interessen entgegenstehen und es letztlich am gesellschaftlichen Wandel bzw. auch unserem Konsumverhalten liegen wird, in welche Richtung wir uns bewegen werden.
Das Tierschutzhaus Sonnenhof unterliegt einer laufenden Entwicklung. Wir haben sehr hohe Ansprüche an unsere Arbeit und möchten stets das Bestmögliche heraus holen für unsere Sonnentiere und die Menschen, die tagtäglich unsere Dienste in Anspruch nehmen.