Sterben Tod Trauer

Allerheiligen, damit verbinden wir vor allem Tod, Trauer und Friedhofsbesuch. Allerheiligen ist aber viel mehr: wurden früher Brauchtum, wie der Allerheiligenstriezel von der Godl oder dem Göd, zelebriert, manifestieren sich in der Gesellschaft heute heidnische Bräuche, wie Halloween. 
Mag. Elke Ferderbar, Historikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Landesmuseum Burgenland, setzt sich intensiv mit Brauchtum und Traditionen, vor allem im burgenländischen Raum auseinander. Dazu interessiert sie sich besonders für den Aberglauben und den Volksglauben. Und im kommenden Jahr wird es genau dazu eine Sonderausstellung im Landesmuseum geben. Eröffnet wird die Ausstellung „R.I.P. – Kulturen des Abschiedes und des Erinnerns“ am 7. März 2024 und ist dann von 8. März bis Mitte November 2024 im Landesmuseum zu sehen.
Im Rahmen dieser Sonderausstellung wird Elke Ferderbar einen Vortrag über „Tod und Aberglaube“ halten.

Historikerin Elke Ferderbar zeigt im Gespräch Wissenswertes über Allerheiligen und den Bräuchen zu Allerheiligen auf.

Elke Ferderbar, was verbinden wir mit Allerheiligen? Welche Allerheiligen-Bräuche sind uns bekannt und werden diese auch heute noch gelebt?Elke Ferderbar:An Allerheiligen gingen die Kinder früher zu ihren Paten und baten um einen Allerheiligenstriezel. Dieser Brauch stammt von einem noch viel älteren Brauch, dem Seelenbrot für die Verstorbenen. Einst dachte man, dass rund um das Jahresende die Toten zurückkehrten, daher stellte man ihnen ein Mahl bereit. Heute gibt es noch den Allerheiligenstriezel, allerdings muss er nicht mehr von der Godl oder dem Göd geschenkt werden. Früher war es auch üblich, dass die Kinder um diesen Striezel baten oder dafür etwas vorsangen. Das nannte man Heischebräuche, es gab früher viele derartige Bräuche, bei denen die Ärmeren etwas dafür bekamen, dass sie etwas vortrugen oder gute Wünsche aussprachen. Das war früher nicht unbedingt mit Betteln verbunden – so konnten die, denen es besser ging, die Armen versorgen und so Gutes tun. Heischebräuche kamen großteils mit der Mitte des 20. Jahrhunderts bei uns ab, als die Wohlstandsgesellschaft aufkam.

Welcher Brauch ist bei uns besonders bekannt?
 
Ferderbar:Ein besonders bekannter Brauch ist es, zu Allerheiligen die Gräber mit Kränzen, Blumen und Lichtern zu schmücken. Die verblühenden Blumen sind Sinnbild der Vergänglichkeit, Licht spendet Trost in Finsternis und Trauer, dazu symbolisiert es auch die Gegenwart Gottes.
Allerheiligen ist ein Feiertag, Allerseelen dagegen nicht, nur Schulen und einige Berufssparten haben frei. Daher suchen zahlreiche Menschen an Allerheiligen den Friedhof auf und gedenken eigentlich am Tag der Heiligen ihren Verstorbenen, deren Seelen.

Allerheiligen verbinden wir mit Sterben und Tod. Werden bei uns im Burgenland besondere Totenbräuche gelebt? 
Ferderbar: Bis vor einigen Jahrzehnten starb die Mehrheit der Menschen daheim, in den eigenen vier Wänden. Rund um das Sterben gab es zahlreiche Bräuche, die allseits bekannt waren und auch durchweg eingehalten wurden. Dazu gehörte es, bei Ankündigung des Todes den Pfarrer zu holen. Verwandte und Nachbarn kamen, um sich zu verabschieden und zu beten. War der Tod eingetreten, drückte der nächste Verwandte dem Toten die Augen zu. Der Leichnam wurde gewaschen und der Unterkiefer mit einem Band an den Oberkiefer gebunden, damit der Mund geschlossen blieb. Uhren wurden zum Stehen gebracht und die Spiegel mit weißen Tüchern verhängt. Man versuchte, Lärm zu vermeiden, aus Rücksicht auf den Verstorbenen und dessen Ruhe. 
In manchen Orten durfte die Kerze, die am Totenbett brannte, nicht ausgeblasen werden. Sie musste von selbst abbrennen. Diese Kerze versinnbildlichte das Lebenslicht und das Leben überhaupt. Auch heute noch üblich ist das Öffnen des Fensters im Sterbezimmer. Man meint, dass nur durch ein offenes Fenster die Seele entweichen könne. 
Alte Leute hatten ihr Leichengewand schon lange vorbereitet. Vor allem junge Menschen wurden im Hochzeitsgewand beerdigt. Starb ein lediges Mädchen, legten ihm die Angehörigen einen Brautkranz, versehen mit Rosmarin, in den Sarg: Das Immergrün als Sinnbild des Lebens wurde allen Verstorbenen in den Sarg gelegt, denn der intensive Duft sollte das Böse fernhalten.
Den Sarg fertigte der Tischler an; in manchen Orten nahm dieser auch die Totenbeschau vor. Durch das Zügenglöcklein erfuhren die DorfbewohnerInnen vom Tod einer der ihren, ein Leichenbitter setze Verwandte und Bekannte in anderen Ortschaften vom Ableben in Kenntnis. Auch die Tiere mussten über den Tod eines Hausmitgliedes informiert werden, sonst konnte es geschehen, dass das Vieh aus Kränkung krank wurde oder sogar starb. 
In der Nacht wurde Totenwacht gehalten und dabei gesungen und gebetet. 
Starb ein junger Mann unverheiratet, begleitete den Trauerzug zumindest eine Braut: So sollte das im Leben unerledigt Gebliebene – die Heirat – symbolisch nachgeholt werden.

Halloween wird heute mehr Bedeutung als Allerheiligen zugeschrieben – wo liegt hier der Zusammenhang mit Allerheiligen? 
Ferderbar: Seit den 1990er-Jahren bereichert am Vorabend des Allerheiligen-Tages Halloween den Festkalender im Land. Der Brauch, ursprünglich aus Irland, wurde von Auswanderern in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in die USA importiert und veränderte sich dort zu dem uns heute bekannten Fest. 
Bedingt durch den Golfkrieg ging der Fasching 1991 unter, die Kostüme blieben in den Läden liegen, daher suchte die Spielwarenindustrie Abnehmer dafür, und so wurde das Halloweenfest bei uns forciert, das ebenfalls Kostüme brauchte. 
Der Name „Halloween“ geht auf die Bezeichnung „All Hallows Eve“ zurück, was „Abend vor Allerheiligen“ bedeutet. 
Das war eigentlich auch einmal ein Heischebrauch, heute entfällt aber das „Etwas vorführen“. Verkleidung an Halloween eventuell zweierlei Ursprünge: 
1. Tote sollten Lebende nicht erkennen, wenn sie zur Erde zurückkamen. 
2. Bei Heischebräuchen waren die „bettelnden“ Personen häufig verkleidet, damit Mitmenschen sie nicht erkannten, aber auch weil Verkleidung zu Schauspiel gehörte.