Sucht- und Drogenkoordination Burgenland
Die Sucht- und Drogenkoordination des Landes Burgenland dient als Schnittstelle zwischen Bund und Land in suchtspezifische Fragestellungen.
Aufgrund der föderalen Struktur des Gesundheits- und Sozialbereichs kommt den Bundesländern bei der Gestaltung und Umsetzung drogenpolitischer Maßnahmen große Bedeutung zu. Alle neun Bundesländer verfügen über Sucht-/Drogenstrategien, in denen die sucht-/drogenpolitischen Zielsetzungen und Maßnahmenbereiche festgelegt sind, der Austausch der Bundesländer erfolgt in der Länderkonferenz der Sucht‐ und Drogenkoordinator:innen.
Auf Bundesebene sind die Bundesdrogenkoordination und das Bundesdrogenforum entscheidende suchtpolitische Gremien, das Bundesdrogenforum dient der Abstimmung zwischen Bund und Ländern sowie den verschiedenen Ministerien untereinander.
Tätigkeitsbereich der Sucht- und Drogenkoordination
- Vernetzung im Bundesland mit suchtrelevanten Institutionen (ambulante und stationäre Psychiatrie, Schulen, Sozialeinrichtungen, Polizei) und den zuständigen Abteilungen der Landesverwaltung
- Kooperation mit nationalen Gremien ÖBIG, GÖG (Epidemiologie Monitoring)
- Berichterstattung an die zuständigen Abteilungen des BMASGK
- Vernetzung mit internationalen Stakeholdern (EBDD) zur nationalen und internationale Datenerhebungen
- Verfassen von Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen des SMG und fachbezogene Themen
- Mitwirkung bei Bundesdrogenforum, Landesdrogenkonferenz, DOKLI Beirat
- Mitwirkung bei Ausschuss für Qualität und Sicherheit in der Substitutionsbehandlung (§23k SGV) Sachverständigenkommission zur regionalen Koordination der Substitutionsbehandlung
- Entwicklung von Leitlinien und einer bundeslandspezifischen Suchtstrategie
- Öffentlichkeitsarbeit und Projektmanagement
- Wissenschaftliche Tätigkeit im Bereich Suchtforschung und Psychiatrie
- Epidemiologie, Datenerhebung
Kontakt zur Sucht- und Drogenkoordinatorin:
Mag. Petra Taferner-Kraigher
Tel: 057/600-3114 oder post.a10-gesundheitswesen(at)bgld.gv.at
Sucht und Abhängigkeit – was bedeutet das?
- Sucht ist eine chronische psychische Erkrankung, die wissenschaftlich bewiesen ist und im Gehirn nachgewiesen werden kann. Eine spezifische Suchtpersönlichkeit gibt es nicht. Ursachen und Verlauf, bevorzugte Suchtmittel und Konsummuster unterscheiden sich nach Geschlechter und Alter und kann in allen sozialen Schichten und Altersgruppen auftreten.
- Bei der Entstehung und Aufrechterhaltung einer Suchterkrankung spielen körperliche (biologische, genetische), psychische und soziale Faktoren eine wichtige Rolle. Letztendlich bestimmt immer das komplexe Zusammenwirken vieler Einflussfaktoren, ob und welche Abhängigkeit entstehen kann.
- Belohnungssystem: Substanzen oder bestimmte Verhaltensweisen (wie Glücksspiel) stimulieren Netzwerke wie das Belohnungssystem im Gehirn und führen auf lange Sicht zu einer „Überbelohnung“, dadurch verändern sich die Prozesse in diesem Netzwerk. Die Überstimulierung führt zu Gewöhnung, und um eine ähnlich berauschende Wirkung wie zu Beginn zu erhalten, muss bei den meisten Substanzen die Dosis kontinuierlich erhöht werden. Bei Wegfall des Konsums/Verhaltens entwickeln sich körperliche und/oder psychische Entzugsbeschwerden.
- Stoffgebundene Abhängigkeit: Alkohol, Tabak, Medikamente, Drogen (z. B.: Opiate, Kokain), aber auch übermäßiger Konsum von stimulierenden Genussmitteln kann zur Abhängigkeit führen.
- Nicht stoffgebundene Abhängigkeit: Wie beim Konsum von Substanzen, kann sich auch eine bestimmte Verhaltensweise zu einer Sucht entwickeln. Typischerweise zählen Glücksspielsucht, Medienabhängigkeiten und Computerspielabhängigkeit zur Gruppe der Verhaltenssüchte.
- Konsumphasen:
- Genuss und/oder Probierphase: Konsum zu besonderen Gelegenheiten, sozial und kulturell eingebunden Dosis/Menge ist beschränkt, es stehen viele Handlungsalternativen zur Verfügung
- Riskanter Konsum: Konsummuster, welches das Risiko gesundheitlicher und sozialer Folgen stark erhöht, sogenannte Richtwerte werden überschritte
- Missbrauch: Konsum, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen, um unangenehme Gefühle wie z.B. Angst, Einsamkeit, Anspannung zu verdrängen oder besser zu ertragen, Handlungsalternativen sind eingeschränkt, sozialen oder gesundheitlichen negativen Folgen werden in Kauf genommen, eine willentliche Veränderung des Verhaltens kann noch herbeigeführt werden, jedoch wird es immer schwieriger, sich dem Reiz der Entlastung durch den Konsum zu entziehen
- Gewöhnung → Abhängigkeit: Suchtkriterien nach ICD 10 treffen zu
- Unkontrolliertes Verlangen: Das dringende Verlangen die Substanz zu konsumieren bzw. das Verhalten auszuüben bestimmt das ganze Leben. Viele Betroffene versuchen ihre Erkrankung zu verstecken und konsumieren heimlich. In der Folge kann es zu schwerwiegenden Belastungen im näheren Umfeld und zu gesellschaftlicher Isolierung führen. Es dauert oft lange bis ein Behandlungsbedarf erkannt wird – in vielen Fällen motivieren auch äußere Umstände wie drohende Entlassung, Scheidung oder das Eingreifen der Justiz Betroffene dazu, Unterstützung oder eine Behandlung in Anspruch zu nehmen.
- Ausdehnung auf alle Lebensbereiche: Typisch für Suchtverhalten ist, dass es sich kontinuierlich auf immer mehr Lebensbereiche ausdehnt. Auf den experimentellen Konsum in der Freizeit, kann regelmäßiger und schädlicher Gebrauch und schließlich chronischer Missbrauch folgen. Die einzelnen Phasen sind dabei fließend und werden vom Betroffenen meistens nicht als solche wahrgenommen.
- Psychische Begleiterkrankung – Komorbidität: Dies beschreibt das Vorhandensein von zwei oder mehreren diagnostizierbaren Störungen (z.B.: Depressionen, Angststörungen, ADHS) bei einem Patienten. Der Zusammenhang zwischen zwei Störungen wird unterschieden in:
- Risikofaktorenmodell: Eine bestehende Störung erhöht das Risiko für das Auftreten einer zweiten Störung, hierbei kann der Konsum von Suchtmitteln im Sinne einer Selbstmedikation verstanden werden.
- Interaktionales Modell: Zwei Störungen interagieren und verstärken sich miteinander beispielsweise Depression und Alkoholkonsum.
- Stigma: Obwohl sich die Ursachen und Mechanismen von Suchterkrankungen heute wissenschaftlich erklären lassen, haben psychische Störungen in der Öffentlichkeit häufig einen geringeren Stellenwert als körperliche Erkrankungen. Die Verantwortung und „Schuld“ für die Erkrankung wird zumeist den Betroffenen zugewiesen und als persönliches Versagen interpretiert. Stigmatisierung führt zu besonderen Belastungen der Betroffenen, da diese nicht nur mit den Symptomen ihrer Erkrankung, sondern auch mit den Folgen von Misstrauen, Ausgrenzung und verminderter Akzeptanz kämpfen müssen.