Die Palastvilla von Bruckneudorf
Die Großvilla von Bruckneudorf, bekannt unter den Bezeichnungen „Palastvilla“ oder „Kaiservilla“, gehört zu den bedeutendsten Bodendenkmalen Österreichs. Inmitten der Felder zwischen Bruckneudorf und Parndorf kann die Teilrekonstruktion des repräsentativen Hauptgebäudes der römischen Villenanlage besichtig werden. Sie zeigt das Wohnhaus des riesigen römischen Landguts in seiner letzten Ausbauphase im 4. Jahrhundert n. Chr.
Eine kleinere landwirtschaftliche Anlage kann bereits zu Beginn des 2. Jahrhunderts n. Chr. nachgewiesen werden. Nach den Wirren der Markomannenkriege (166 – 180 n. Chr.) entstand Ende des 2. Jahrhunderts eine größere Streuhofanlage. Sie bestand aus einem Hauptgebäude, das über einen Gang mit einer Badeanlage verbunden war, sowie zahlreichen Neben- und Wirtschaftsgebäuden. Als Reaktion auf die weitreichenden Veränderungen und Reformen des 4. Jahrhunderts n. Chr. im Römischen Reich vollzog sich der Umbau der Villa rustica von Bruckneudorf zur Großvilla. Zu maßgeblichen Änderungen in der Landwirtschaft kam es als die Bauern das von ihnen gepachtete Land nicht mehr verlassen durften. Es entstand ein Feudalsystem mit Großgrundbesitz, wie wir es mittelalterlichen und neuzeitlichen Geschichte kennen. Der damalige Besitzer baute die Anlage von Bruckneudorf erheblich aus. Mauern trennten die pars urbana mit Wohnhaus, Therme und Speisesälen von den Speicherbauten, Lagerhallen, Werkstätten und Kasernen der pars fructuaria sowie vom Torwächterhaus, den Stallungen und Gärten der pars rustica. Im Südwesten wurde die Axialanlage um einen befestigten Bereich für einen mächtigen Speicherbau erweitert. Hier lagerte man vermutlich die Steuerabgaben und die annona militaris (Steuerabgaben an das Militär), die in Naturalien geleistet wurden. Eine Umfassungsmauer umgab das gesamte bebaute Areal. Zwei monumentale Toranlagen führten vom Norden und vom Südwesten in die Anlage. An der Ost- und Südseite befanden sich zwei weitere Toranlagen und im Inneren noch sechs einfache Tore – allein die Anzahl der Torwächter kann auf 30 Personen geschätzt werden. Es ist jedoch mit weiterem Wachpersonal zu rechnen, dessen Unterkünfte sich in den Kasernen im Nordteil der Anlage befanden.
Das Hauptgebäude wurde im 4. Jahrhundert um die Aula mit apsidialem Abschluss erweitert, mehrere Räume wurden mit Fußbodenheizungen ausgestattet. Dabei kamen anstatt Hypokaustanlagen ressourcenschonendere Kanalheizungen zum Einsatz. Das Badegebäude erhielt eine Latrine, zusätzliche Wasserbecken und größere Umkleideräume.
Im Jahr 350 n. Chr. oder kurz danach wurde in zehn Räumen des Wohnhauses der Mosaikschmuck der Fußböden verlegt. Lediglich das Einschaltbild „Bellerophon mit Chimära“ wurde nachträglich angebracht, vermutlich zum Anlass des Aufenthaltes der kaiserlichen Familie im Jahr 375 n. Chr. Es zeigt den antiken Helden Bellerophon mit purpurnem Umhang und Stiefel, wodurch die Allegorie auf die römischen Herrscher deutlich wird. Die Farbe Purpur war in der Spätantike ausschließlich den Kleidern des Kaisers vorbehalten.
Heute befinden sich die Mosaiken nicht mehr am originalen Fundplatz. Die mit einer Ausdehnung von 320 m² als größter zusammenhängender Mosaikenkomplex Österreichs geltenden Kunstwerke sind in der Archäologischen Sammlung des Burgenländischen Landesmuseums zu sehen.
Als Kaiser Valentinianus I. im Jahr 375 nach Pannonien reiste, um gegen die Quaden und Sarmaten zu kämpfen, folgte ihm seine Frau Justina mit den Kindern. Laut Ammianus Marcellinus bewohnte die kaiserliche Familie die „Villa Murocincta“, deren Entfernung von Brigetio (Komárom) er mit 100 Meilen angibt. Die Entfernung, die man auf römischen Straßen von Brigetio bis zur Villa von Bruckneudorf zurücklegt, entspricht tatsächlich dieser Angabe und Ammianus verfügt über Kenntnisse der regionalen Gegebenheiten, daher wurde die Villa Murocincta als jene von Bruckneudorf identifiziert.
Valentinian I. stirbt am 17. November 375 an einem Schlaganfall. Sechs Tage nach dem Tod des Herrschers rufen die Heerführer dessen Sohn Valentinianus II. zum Kaiser aus. Er wurde aus der Villa Murocincta nach Brigetio geholt und in Aquincum (Budapest) zum Kaiser gekrönt. Damit endet der Aufenthalt der kaiserlichen Familie in Bruckneudorf.
In den letzten Jahrzehnten war die römische Siedlungskammer Gegenstand umfangreicher Forschungen des Österreichischen Archäologischen Institutes sowie rettungsarchäologischer Untersuchungen im Zuge des Autobahnausbaus. Weitere Informationen zur geplanten Attraktivierung der bestehenden Schauanlage finden Sie auf dieser Homepage unter der Rubrik Masterplan Archäologie.