Am 4. Februar 1995 ereignete sich das brutalste und menschenverachtendste Verbrechen seit dem Ende des 2. Weltkrieges. Aus rassistischen Gründen wurden vier Menschen ermordet.
Bereits in den Wochen vor dem Attentat war von anonymen Drohanrufen in der Oberwarter Romasiedlung die Rede. Nachdem wiederholt verdächtige Fahrzeuge beobachtet worden waren, beschlossen einige Männer der so genannten Roma-Siedlung von Oberwart in den Nächten vermehrt "aufzupassen". Gegen 23.45 Uhr entdeckten Karl (22 Jahre) und Erwin Horvath (18), Peter Sarközi (27) und Josef Simon (40) eine als Straßenschild getarnte Rohrbombe mit dem provozierenden Schriftzug "Roma zurück nach Indien". Als sie das vermeintliche Schild, das sich mitten auf einer Wegkreuzung befand, entfernen wollten, detonierte der darin verborgene Sprengsatz. Die vier Männer waren sofort tot. Die verwendete Sprengstoffmenge ließ ihnen keine Überlebenschance. Die Bombe war konstruiert, um zu töten.
Der rechtsextreme Terror sollte noch weitere zwei Jahre Österreich in Atem halten und endete schließlich am 1. Oktober 1997 mit der Verhaftung von Franz Fuchs. Seine Täterschaft konnte zweifelsfrei nachgewiesen werden, nachdem bei Hausdurchsuchungen die Schaltpläne der Rohrbomben sichergestellt werden konnten. Mit seiner Verhaftung konnte weiteres Übel verhindert werden: Aus den aufgefunden Beweisen ging eindeutig hervor, dass Fuchs ein weiteres diabolisches Attentat geplant hatte. Bei einer Veranstaltung von Kärntner Slowenen sollte eine mit mehreren Kilo Sprengstoff bestückte als Blumentopf getarnte Rohrbombe zum Einsatz kommen.
Im Feber 1999 fand der Schwurgerichtsprozess gegen Franz Fuchs statt. Er wurde wegen vierfachen Mordes, mehrfachen Mordversuches und wegen Körperverletzung zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Franz Fuchs beging im Feber 2000 Selbstmord.
Auch wenn die Europäische Union die Integration der Roma und Sinti in die nationalen Gesellschaften durch soziale und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zu verbessern versucht, so hat das alles an den Ressentiments gegenüber der größten europäischen Minderheitengruppe bis dato nichts geändert. Der Vater zweier Terroropfer, Stefan Horvath, versuchte sein unendliches Seelenheil in mehreren Texten – unter anderem im Buch "Katzenstreu" – zu thematisieren. Eine seiner Publikationen handelt von den gesellschaftlichen Problemen der Nachgeborenen von ehemaligen KZ-Insassen. Mehrere Projekte im Burgenland setzten sich mit der Identität, der Vergangenheit aber auch mit der Zukunft der Volksgruppe der Roma auseinander. Im Jahr 2016 widmet sich das Landesmuseum mit der Ausstellung "Romane Thana – Orte der Roma und Sinti" der Problematik auf wissenschaftliche Weise.
Wenn wir auch Zeiten hinter uns gelassen haben, in denen Roma-Kinder unabhängig von ihren geistigen Fähigkeiten a priori in eine Sonderschule gesteckt wurden, sind wir selbst 20 Jahre nach dem Attentat von Oberwart von einer gesellschaftlichen Gleichberechtigung weit entfernt. Die Projektbeispiele des Burgenlandes lassen aber hoffen, dass der Weg dorthin eingeschlagen ist.
Im Gedenken an:
Karl Horvath, geb. am 12.6.1973, gest. am 4.2.1995, ca. 23.45 Uhr
Erwin Horvath, geb. am 14.11.1976, gest. am 4.2.1995, ca. 23.45 Uhr
Peter Sarközi, geb. am 25.8.1968, gest. am 4.2.1995, ca. 23.45 Uhr
Josef Simon, geb. am 18.1.1955, gest. am 4.2.1995, ca. 23.45 Uhr
Veranstaltungstipp:
4. Feber 2015: Oberwart
17.00 Ausstellungseröffnung im OHO: Manfred Bockelmann "Zeichnen gegen das Vergessen"
18.00 Rathaus Oberwart anschließend gemeinsamer Lichterzug zur Roma Gedenkstätte
Buchtipp:
Erich Schneller / Annemarie Klinger (Hg.): Das Attentat von Oberwart – Terror, Schock und Wendepunkt
Nähere Infos unter: www.lexliszt12.at