Stephanie Stipsits

Stephanie Stipsits wurde 1993 in Wien geboren und lebt in Loretto, wo sie nebenberuflich als Künstlerin arbeitet. Ihre künstlerische Arbeit begann sie im Rahmen ihrer Matura am Bundesrealgymnasium Eisenstadt im Fach künstlerische Erziehung mit dem Schwerpunkt auf den japanischen Künstler Takashi Murakami. Nach einem 1,5-jährigen Aufenthalt in Japan, wo sie unter der Leitung von Kazumi Isono die traditionelle japanische Malerei (Nihonga) lernte, verlagerte sich der Fokus ihrer Arbeit auf Motive mit japanischem Einfluss. Nach Privatunterricht bei Prof. Hannes Margreiter (2021) bildet der Schwerpunkt ihrer Arbeit großflächige und bunte Acrylgemälde. Sie beschäftigt sich u.a. mit Körperbildnissen angelehnt an den klassischen japanischen Holzdruck, mit stimmungsvollen Landschaftsbildern zu den rauen Küsten Japans und Stillleben zu der traditionellen japanischen Blumensteckkunst Ikebana. Die Ergebnisse ihrer Auseinandersetzung zu kulturellen Realitäten Japans wurden 2021 im Pichlschloss (Stmk) ausgestellt.

Kokica
Acryl auf Leinwand
70 x 70 cm
2022

Das Bild zeigt den Akt einer jungen Frau umgeben von abstrakt und eindimensional gehaltenen Blumen in kräftigen Farben. Für die junge Frau wird eine blasse bläulich-rosa Farbkomposition verwendet. Zentraler Fokus des Bildmotives liegt auf dem Gesicht der jungen Frau und den, in die Ferne schweifenden, Blick. Die Betrachtung wird weitergeleitet vom leicht geneigten Kopf, über den langen und bloß daliegenden Nacken, hin zu ihrer Brust. Das Haar wellt um den Kopf herum und lässt den Körper frei und unbedeckt. Der gewählte Bildausschnitt überlässt es der Suggestion, ob die junge Frau liegt oder sitzt. Die Körperhaltung ist gekrümmt, und geht teilweise über die natürlichen Proportionen hinaus. Gleichzeitig wirkt die Mimik friedvoll und glücklich. Die zarte, feingliedrige Hand liegt ruhend auf dem Oberschenkel, in einer Geste die eine Loslassung des bis dahin gehaltenen Beines vermuten lässt. Ein kurzer flüchtiger Moment, verharrt in der Ewigkeit.

Der Mittelgrund als zweite Bildebene zeigt ein großflächiges Blumenmuster, das teilweise die junge Frau überlagert, hauptsächlich jedoch hinter die Frau tritt. Die Blumen umfassen weite Flächen reiner Farbe ohne jeglichen Lichteinfall. Der Hintergrund ist in einem rosaroten Farbton gehalten, welcher sich mit den Blumen zu einer Einheit verbindet. Die leuchtende Farbe des Hintergrunds ist prägnant und nüchtern eingesetzt und bildet einen Kontrast zum blauen Körper. Beinahe durchscheinend wirkt dabei die Körpermitte der Frau, worin sich rosa Farbsprenkel wiederfinden. Es scheint als ob die Frau stückweise mit dem Hintergrund verschmilzt, womit eine Abkehr plastischen Volumens und Körperlichkeit einher geht. Dadurch wird deutlich, dass Frau und Blumenmuster eine Einheit bilden, die jedoch im Auflösen begriffen ist. Die symbolhafte Irrealität der Farben des Körpers entrückt die Gestalt der jungen Frau und dient der Sichtbarmachung der hinter der Oberfläche wirkenden Emotionen.

Der Titel des Bildes Kokica bedeutet eine Auseinandersetzung der eigenen Identität und Vergangenheit der Künstlerin mit ihren kroatisch-burgenländischen Wurzeln. Das Blumenmuster orientiert sich an der traditionellen Volkstracht der kroatischen Volksgruppe in Stinatz, welches auf Kopftüchern abgedruckt ist. Der schleichende Verlust der früheren Tradition und gleichzeitig das Akzeptieren dieses Verlusts werden sowohl in der gekrümmten Körperhaltung und dem gewählten Farbmuster, als auch im freien Gesichtsausdruck der jungen Frau widergespiegelt.